Frankfurt - Vor kurzem erst bezeichnete Jean Ziegler, UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, die Produktion von Biokraftstoffen als "Verbrechen gegen die Menschheit": Der verstärkte Anbau von Mais, Weizen und Zucker zur Herstellung ökologischer Kraftstoffe treibe die Preise von Grundnahrungsmitteln, Land und Wasser nach oben. Dass die Produktion von Öko-Kraftstoffen aber nicht unbedingt mit der von Nahrung konkurrieren muss, zeigen Forscher um Eckhard Boles vom Institut für Molekulare Biowissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt.

Ihr Ansatz: Sie versuchen die Stoffwechseleigenschaften von Hefen so verbessern, dass sie auch für den menschlichen Verzehr ungeeignete Pflanzenabfälle verwerten können. Hefen spielen bei der Öko-Sprit-Produktion eine zentrale Rolle: Die im Pflanzenmaterial enthaltene Stärke wird enzymatisch in Glukose aufgespalten, welche schließlich mit Hilfe von Hefe zu Ethanol, dem Endprodukt, vergoren wird. "In unseren vorhergehenden Arbeiten haben wir Erbmaterial aus Bakterien in die Hefen eingeschleust. Das war jedoch nicht optimal", so Boles. Die Forscher bauen nun künstliche, biochemische Systeme ein, die neuartige Stoffwechselwege in der Zelle etablieren. "Es ist uns gelungen, am Computer entwickelte, künstlich synthetisierte Gene in die Hefen einzubringen", so der Forscher. "Die Anleitung dazu entnehmen wir allerdings weiterhin der Aminosäuresequenz von bakteriellen Enzymen. Wir modifizieren aber den Bauplan so, dass er optimal auf die Stoffwechseleigenschaften der Hefen abgestimmt ist", erklärt der Forscher.

Erste Ergebnisse

Die dadurch erzeugten künstlichen Gene erlauben es den Hefezellen, bestimmte Zuckerarten in pflanzlichen Abfällen deutlich effizienter zu Ethanol umzusetzen. "Die Arbeiten meiner Mitarbeiterin Beate Wiedemann haben dazu geführt, dass wir den Ertrag um 25 Prozent steigern konnten. Die Produktivität, das heißt die Geschwindigkeit der Umsetzung hat sogar um mehr als 250 Prozent zugenommen", so Boles.

Verwendet werden können praktisch alle pflanzlichen Abfallstoffe, egal ob sie aus der Nahrungsmittelindustrie oder der Landwirtschaft kommen. Die Pflanzenabfälle müssen vorhydrolisiert - das bedeutet "verzuckert" werden. Das geschieht entweder mit Hilfe von Enzymen oder durch starke Säuren. Die Anwendung von Enzymen sei für eine industrielle Herstellung noch zu teuer. Allerdings werde auch hieran intensiv geforscht und es bleibe abzuwarten, welche Methode sich letztendlich durchsetze.

Zukunftshoffnung

Das Potenzial, Ethanol nur aus den Abfällen vom Acker zu gewinnen, sei enorm, so Boles. Rechne man noch andere pflanzliche Abfallstoffe wie Energiegräser oder Gemüseschnittabfälle hinzu, stünden riesige Mengen zur Verfügung. "Wenn die technischen Hürden, die es noch zu lösen gibt, einmal überwunden wurden, wird Ethanol in wenigen Jahren aus Zellulose hergestellt werden können. Dann gibt es das Problem mit der Nahrungsmittelkonkurrenz nicht mehr." Die Erfindung wurde bereits zum Patent angemeldet. (pte/red)