Buchcover: Springer Verlag
Wien - Sie reicht von Wehranlagen über Jugendstilbauten bis zu Industriegebäuden aus der Nachkriegszeit: Die Architektur der österreichischen Kraftwerke und Umspannwerke ist nicht nur Spiegel stilistischer, sondern auch sozialpolitischer und ökologischer Entwicklungen. Mit dem Forschungsprojekt "Architektur im Verbund" wollte die Österreichischen Elektrizitätswirtschafts-AG die in ihrem Besitz befindlichen Bauwerke in vielfacher Hinsicht wissenschaftlich erfassen. Am Montag wird mit dem umfangreich bebilderten Buch "Architektur im Verbund" das Ergebnis der fast einjährigen Forschungsarbeit präsentiert.

Zum 60-jährigen Verbunds-Jubiläum habe man sich gerade in Bezug auf künftige Baumaßnahmen gefragt: "Wo kann man eingreifen, ohne etwas zu zerstören? Wo muss man besonders auf die Bauwerke aufpassen?", erklärte Herbert Schröfelbauer, der Vorsitzende des Forschungsgremiums des Verbunds, bei der heutigen Pressekonferenz. Die nun im Springer Verlag erschienene "Festschrift" beantwortet aber nicht nur diese Fragen, sondern stellt geradezu ein Nachschlagewerk österreichischer Kraftwerksarchitektur dar: So enthält sie vor allem einen umfangreichen Katalog mit Bildern von 169 Objekten aus dem Bereich der Wasserkraftwerke, thermischen Kraftwerke und die im Netz der Hochspannungsleitungen verbundenen Umspannwerke. Als einziges "herkömmliches" Gebäude hat das Verwaltungszentrum des Verbunds am Hof Eingang in den Band gefunden.

"Ich war eigentlich erstaunt, dass das Buch noch nicht geschrieben ist"

"Ich war eigentlich erstaunt, dass das Buch noch nicht geschrieben ist", erzählte der Architekt Manfred Wehdorn von der Technischen Universität Wien. Auch wenn die Bauwerke größtenteils noch nicht unter Denkmalschutz stünden, handle es sich dabei um "Objekte, die Österreich geprägt haben und deren Geschichte teilweise wesentlich über die Zeit im Verbund hinaus reicht." Im Katalog lassen sich die Marksteine industrieller Stilgeschichte nachvollziehen: Das Jugendstil-Kraftwerk Deutschfeistritz von 1919, die unter Denkmalschutz befindlichen Wehranlagen an Mur oder Enns, der im Geiste des Nationalsozialismus ins Monumentale gesteigerte Heimatstil, aber auch die jüngsten, modernen Bauten leichter Architektur machen sowohl bautechnischen Fortschritt, als auch sozialhistorische Bedingungen sichtbar.

So zeigt die Planungsgeschichte des Kraftwerks Hainburg die ökologische Sensibilisierung der 1980er Jahre, Kaprun und Ybbs-Persenbeug werden als Symbole des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg dokumentiert und das weitgehend fertiggestellte Kraftwerk Zwentendorf präsentiert sich als verlassener Zeuge der österreichischen Kernkraft-Ablehnung. Mit den nun vorliegenden Ergebnissen, die seit Juni 2006 in extensiver Feldforschung erarbeitet wurden, sei auch im Sinne von Bausubstanz und Einbettung in die Landschaft für künftige Denkmalschutz-Listen viel Vorarbeit geleistet, so Wehdorn, der jedoch betonte, dass das Interesse des Eigentümers an der Erhaltung der Bauwerke wesentlich wichtiger sei als das des Denkmalamtes. (APA)