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Zum ersten Mal drohen die Angestellten im deutschen Einzelhandel, das Weihnachtsgeschäft zu bestreiken. Damit wollen sie ihre Forderung nach mehr Lohn unterstreichen und sich gegen die Streichung von Zuschlägen wehren.

Foto: AP/Roberto Pfeil
Berlin/Wien - Wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung für den Handel, hat die deutsche Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bislang das Weihnachtsgeschäft nicht mit Protestaktionen gestört. Doch dieses Jahr soll das anders sein. "Unsere Planungen gehen bis tief in den Dezember rein. Das kann einen richtigen Dammbruch geben", sagt Verdi-Vizechefin Margret Möning-Raane.

Mit dieser Ankündigung will Verdi den Druck in den laufenden Tarifverhandlungen erhöhen. Die Gewerkschaft fordert für die bundesweit 2,6 Millionen Beschäftigten je nach Bundesland ein Lohnplus zwischen 4,5 und 6,2 Prozent. Derzeit verdient ein Angestellter im Einzelhandel im Schnitt monatlich 2000 Euro brutto. Außerdem stemmt sich Verdi gegen die von den Arbeitgebern angestrebte schrittweise Abschaffung der Spät- und Wochenendzuschläge. Der Einzelhandel hingegen argumentiert, diese seien ein Überbleibsel aus der Zeit vor dem 1. Dezember 2006, als es noch die alten Ladenschlusszeiten gab. Diese sind ja nun in den meisten Bundesländern frei gegeben.

Einige Streikaktionen hat Verdi in den vergangenen Wochen schon durchgeführt. Alarmiert von der angekündigten schärferen Gangart im Advent, bereitet sich der Handel nun vor und will verstärkt Aushilfskräfte einsetzen.

Bewegung kommt hingegen endlich in den Tarifstreit zwischen Deutscher Bahn und den Lokführern "Kommen Sie zu Gesprächen, bitte", bat Bahn-Personalvorstand Margret Suckale am Sonntagabend in der Talk-Sendung von Anne will den GDL-Chef Manfred Schell höchst eindringlich vor laufender Kamera. Und dieser seufzte zwar ziemlich heftig, sagte dann aber zu. Am Montag telefonierte er bereits mit Bahnchef Hartmut Mehdorn, am heutigen Dienstag gibt es zwischen Schell und Mehdorn ein Spitzengespräch, wobei die Bahn offenbar bereit ist, ein neues Angebot mitzubringen. Auf dem Tisch liegt ja immer noch folgendes Offert: Bis zu zehn Prozent mehr Lohn (inklusive zwei Stunden Mehrarbeit wöchentlich), eine Einmalzahlung von 2000 Euro, Sonderregelungen für bessere Ruhezeiten und mehr Aufstiegsmöglichkeiten für Lokführer.

GDL rudert zurück

Doch auch die Gewerkschaft der Lokomotivführer ist nun bereit, dem Arbeitgeber Bahn entgegenzukommen. Sie verlangt nicht mehr 31 Prozent mehr Lohn, sondern will über ein Plus zwischen zehn und 15 Prozent verhandeln. Ausdrücklich betont Schell jedoch, dass das heutige Treffen nicht als "Verhandlung" bezeichnet werden könne. Es gehe zunächst darum auszuloten, wie man im Tarifkonflikt weiter vorgehen könne.

Auch ein Zeitfenster, in dem dann wieder verhandelt werden könne, skizzierte Schell: "Hoffentlich noch im Laufe der nächsten sieben bis 14 Tage." Nach wie vor schwebt jedoch die Drohung der GDL im Raum, die Lokführer könnten nun in einen unbefristeten Streik treten und dabei erneut alle drei Transportbereiche (Güterverkehr, Nah- und Fernverkehr) lahmlegen. Ausdrücklich stellte Schell aber klar, dass die Lokführer nicht am 24. Dezember streiken werden.

Die Fußball-EURO 2008 wird ohne Störaktionen bei den ÖBB über die Bühne gehen. Der oberste Bahngewerkschafter Wilhelm Haberzettl hat dementiert, dass die Gewerkschaft durch die Ablehnung von Ausnahmebestimmungen bei der Arbeitszeit die Euro boykottieren könnte. Das Management habe bisher auch noch keine derartigen Wünsche vorgebracht. Allerdings bekräftigte die Gewerkschaft, dass aus ihrer Sicht zusätzliches Personal für die EURO-Abwicklung erforderlich sein werde. Die ÖBB-Führung erklärte am Montag, dass Ausnahmeregelungen "aus derzeitiger Sicht nicht erforderlich" seien. (bau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.11.2007)