Amman/Kairo – Die Jordanier können am Dienstag einen freien Tag genießen. Viele werden sich die Mühe gar nicht machen, an die Urnen zu gehen, wozu die arbeitsfreie Zeit eigentlich gedacht ist. Denn sie sind frustriert, dass König Abdullah trotz wortreicher Versprechungen keine Schritte in Richtung mehr Demokratie und bessere Repräsentation gemacht hat.

Die Wahlkreise sind so eingeteilt, dass die Parlamentsmehrheit der beduinischen Stammesangehörigen, die das Rückgrat des Königshauses bilden, gesichert bleibt. Die Stadtbevölkerung – das heißt insbesondere die Palästinenser – sind dagegen stark untervertreten. Oppositionskandidaten berichteten von Einschüchterung, andere wurden von den Listen verbannt. In einer Meinungsumfrage erklärten 54 Prozent der Befragten, die Wahl sei nicht frei und fair; 18 Prozent befanden sogar, sie würde gefälscht.

Wahlbeobachter haben keinen Zutritt zu den Wahllokalen. Eine ganze Reihe von Organisationen der Zivilgesellschaft hat sich zurückgezogen, weil sie das Wahlprozedere als nicht transparent betrachtet.

Um die 110 Sitze bewerben sich 885 Kandidaten, darunter 199 Frauen. Die einzige Gruppierung, die als Partei organisiert ist, ist der politische Arm der Muslimbrüder, die Islamische Aktionsfront (IAF). Mit 17 Abgeordneten bildete sie bisher den größten Oppositionsblock. Die IAF ist desillusioniert – die Lokalwahlen im Sommer hat sie deshalb boykottiert – und tritt jetzt nur mit 22 Kandidaten und Kandidatinnen an. Auch wenn das Parlament kaum Befugnisse hat, bietet es immerhin eine Plattform der Selbstdarstellung. König Abdullah, ein enger Verbündeter der USA, herrscht absolut. Er bildet die Regierung und nicht das Abgeordnetenhaus, und er kann das Parlament auch jederzeit auflösen.

Die Regierung bezeichnet alle Maßnahmen, die die Freiheit einschränken, als Vorkehrungen gegen eine Machtübernahme der Islamisten. Sämtliche Umfragen bestätigen aber, dass die IAF im Königreich einen Zulauf von maximal 15 bis 20 Prozent hat. Verprellt wird aber auch die liberale Opposition, die in diesem System keine Chance auf Erfolg sieht.

Die Islamisten traten auch in diesem Jahr unter ihrem alten Slogan „Der Islam ist die Lösung“ an. In ihren Wahlveranstaltungen prangern sie vor allem die Korruption an und verlangen eine Wirtschaftspolitik, die etwas gegen die hohe Arbeitslosigkeit und die verbreitete Armut im Land unternimmt. Auch die Frauen sind nicht glücklich. Seit 2003 garantiert ihnen eine eigene Quote sechs der 110 Sitze im Parlament. Frauenverbände beklagen diese äußerst niedrige Anzahl. Sie verlangten eine Verdoppelung ihres Anteils auf zumindest zwölf Mandate. Die jordanische Regierung ist den Forderungen der Frauenorganisationen bisher nicht nachgekommen. (Astrid Frefel/DER STANDARD, Printausgabe, 20.11.2007)