Eigentlich ist es erstaunlich, dass es so lange gedauert hat: Nach den denkbar knapp verlorenen Parlamentswahlen im Frühjahr 2006 gingen nicht wenige Auguren in Rom davon aus, dass sich die Parteien des italienischen Mitte-rechts-Bündnisses umgehend in endlosen Grabenkämpfen verlieren würden. Es kam anders. Die vormalige Regierungskoalition blieb kompakt. Die hauchdünne Mehrheit Romano Prodis im Senat hielt deren interne Differenzen in Grenzen. Die Aussicht auf ein baldiges Comeback ließ insbesondere Silvio Berlusconis "befreundete" Widersacher, Gianfranco Fini und Pier Ferdinando Casini, lange Zeit Kreide fressen. Nun ist damit allerdings Schluss. Das "Haus der Freiheiten" zerbröselt, die Wende aus dem Jahr 2006 ist in letzter Konsequenz vollzogen.

Berlusconi hat es weder mit Geld noch mit gutem Zureden geschafft, Prodis Koalition aufzubrechen. Auch die greisen Senatoren auf Lebenszeit erwiesen sich - nicht nur politisch - vitaler als angenommen. Und selbst das miserable Renommee des Ministerpräsidenten half der Mitte-rechts-Opposition nicht. Sie führt in allen Umfragen, war aber wegen der nun offen ausgesprochenen strategischen Meinungsverschiedenheiten bisher nicht imstande, auch Kapital daraus zu schlagen.

Aber sitzt Prodi nach dem Bruch im Berlusconi-Lager nun fester im Sattel? Paradoxerweise wohl eher nicht. Einmal ganz abgesehen davon, dass auch sein Bündnis um nichts weniger disparat ist als jenes von Berlusconi, ergeben sich nun viele neue Spielarten für römische Kabalen und Koalitionen. Ohne Lega Nord und diverse (Post-)Faschisten am Hals hat der Mailänder Medienmogul viel mehr Spielraum als zuvor. Andererseits könnten sich auch die linken und rechten Spaltprodukte der Democrazia Cristiana wieder zusammenfinden. Berlusconi jedenfalls wird dabei wohl überall mitmischen. Denn sein strategisches Ziel heißt seit jeher: oben bleiben, um jeden Preis. (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 20.11.2007)