Nächsten Sommer feiert Michael Schade, Deutschkanadier und halber Österreicher, bereits sein Fünfzehn-Jahre-Jubiläum bei den Salzburger Festspielen: "Einen Sommer ohne Salzburg kann ich mir gar nicht vorstellen."

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...ab kommendem Sommer beim "Young Singers Project" der Salzburger Festspiele.

Wien – "Es ist erstaunlich, wie gut junge Sänger oft Oper singen und wie schlecht sie Lieder singen", sagt Michael Schade mit der Offenheit des wahrhaft Leidenschaftlichen. Des Übels Wurzel sei das Wort, so der Tenor. "Der Schliff beim Singen kommt vom Ausdruck des Wortes. 'Prima le parole e poi la musica!'", dreht er das berühmte Zitat um. "Es macht mich wahnsinnig, wenn ich von der 'Zueignung' kein Wort verstehe."

Dem Wahnsinn wird Michael Schade in Salzburg verstärkt entgegenwirken. "Gespräche mit Intendant Jürgen Flimm sind auf fruchtbaren Boden gefallen", macht der Sänger auf die Salzburger Festspiel-Pressekonferenz am Donnerstag neugierig. Vorweg nur so viel: Es wird künftig eine Schiene für junge Sänger (Young Singers Project) geben.

Auch in der eigenen Laufbahn ("das Wort Karriere vermeide ich – es klingt, als wäre die Welt einem etwas schuldig") hat Michael Schade Neuigkeiten geplant. "An der Met sind Thais und Lulu vorgesehen. In Wien und Hamburg singe ich 2009 den Wolfram von Eschenbach." Ein Loge in München ist noch in weiterer Ferne, aber angedacht. In jedem Fall soll die Arbeit in Wien intensiviert werden.

Den Liederabend im Wiener Konzerthaus heute, Dienstag, hat Michael Schade von Richard Strauss' sechs Liedern op. 19 ausgehend zusammengestellt. "Diese Lieder werden so selten gesungen. Die Kombination mit Brahms reizte mich besonders. Seine Lieder werden gern als 'zahm' angesehen. Brahms gilt oft als der einzige Klassiker unter den großen romantischen Komponisten. Das stimmt nicht. Dass er an sich für tiefere Stimme geschrieben habe und nicht für Tenor, ist das zweite Vorurteil."

Beim Singen gibt der Deutschkanadier mit einer großen Schwäche für Wien alles. Seelisch, stimmlich, aber auch körperlich. Im vergangenen Sommer in Salzburg hieß das, in Händels Armida über eine riesige Rampe zu turnen. Der Sänger sieht es gelassen. "Ich weiß, dass es da großes Aufsehen gegeben hat. Aber wir sind alle freiwillig da rauf und runter geturnt. Alles, was sinnhaft und konsequent erzählt wird, ist für mich wert, ausprobiert zu werden. In Salzburg hat man obendrein die Möglichkeit, sechs Wochen im Bühnenbild zu arbeiten. Am Ende war diese Rampe ein Teil von uns."

Als Teil des Sängerdaseins wird heute auch gern der "Medienhype" gesehen, der Sänger wie Models oder Pop-Ikonen herumreicht. Michael Schade widerspricht: "Ich weigere mich zu glauben, dass der mediale Druck früher geringer war. Im Gegenteil, ich finde, es ist heute weniger. Früher hingen Plakate von Araiza, Schreier, Battle oder Norman nebeneinander im Schuhgeschäft." Dass er selbst trotz seines Ausnahmekönnens medial weniger präsent ist als Kollegen, stört Schade nicht. "Der lyrische Tenor ist am Plattenmarkt nicht so vertreten. Ich bin genügend gefragt. Ich mache zum Beispiel bei der Deutschen Grammophon Aufnahmen mit Thomas Quasthoff."

Nach kurzem Innehalten fährt der Sänger fort. "Je länger man den Beruf ausübt, desto mehr geht es einem ums Singen, die Gesangskultur. Ich sehe die Sängerlaufbahn wie einen Liederzyklus. Wenn man schlau und innerlich ein Künstler ist, dann ist die innere Weiterentwicklung bedeutender, als sechs Jahre durchgehend in den Charts zu sein. Es gibt viele Kometen, aber nur wenige Stars. Ein Star ist für mich Peter Schreier oder Nicolai Gedda. Die sind immer da und immer gut, weil sie etwas Bedeutendes zu sagen haben."

Seit März 2007 trägt Michael Schade den Titel Kammersänger: eine Anerkennung für manch Bedeutendes, das er selbst zu sagen hatte. "Es war eine Auszeichnung fürs Herz", sagt der Sänger sichtlich mit Stolz.

"Ich lebe mit einem Fuß in Österreich, mit einem in Kanada. Es soll mich keiner fragen, wo ich lieber bin. Einen Sommer ohne Salzburg kann ich mir gar nicht vorstellen. Nächstes Jahr feiere ich mein fünfzehnjähriges Jubiläum. Unglaublich." (Petra Haiderer /DER STANDARD, Printausgabe, 20.11.2007)