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Im Jahr 1970 war diese Luftburg in Billardform ein Aufreger. Sie brachte Museumsbesucher dazu, selbst aktiv zu werden, sich direkt in ein Kunstobjekt hineinzubegeben. Wie die Leute heute auf die Ideen von gestern reagieren, will das Lentos nun ausloten.

Foto: APA/Lentos/Norbert Artner

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Linz - Es ist mittlerweile auch schon wieder 37 Jahre her, dass die Herren Günter Zamp Kelp, Klaus Pinter und Laurids Ortner alias Haus-Rucker-Co das Wiener Museum des 20. Jahrhunderts mittels einer für die damalige Zeit ganz außergewöhnlichen Ausstellung mit Besucherrekordmengen befüllten.

Live-Wohnen im Museum hieß die Schau im Jahr 1970, für deren Dauer die jugendlich frechen Ausstellungsmacher ins Museum zogen, um in den Ausstellungsräumen auch gleich öffentlich zu wohnen.

Das Museum wurde als "Friedhof der Kunst" abgelehnt und solchermaßen aktiv mit Architektur-Kunst-Happening belebt.

Für die Live again-Schau im Lentos, die vergangene Woche eröffnet wurde und bis Mitte März kommenden Jahres läuft, hat man nun die damals gezeigten Exponate zwischen Kunst und Architektur aus diversen internationalen Kunstsammlungen herausgeklaubt und wiedervereint.

Oder nachgebaut - wie etwa das vordergründig spektakulärste Objekt, ein pneumatisches Riesenbillard, in dem die zeitgenössische Besucherschaft hüpfen kann wie die 20er-Haus-Klientel dazumals.

Fortschrittseuphorisch

Dass die Haus-Rucker - 1967 konstituiert und 1992 voneinander gegangen - nicht nur mit vom Rückenwind der fortschrittseuphorischen 60er-Jahre getrieben frischen Schwung in die Kunst- und Architekturdebatten des Nachfolgejahrzehnts brachten, sondern selbst mit Kreativkraft ordentlich Wind produzierten, steht außer Frage.

Doch fast vier Jahrzehnte sind seither vergangen. Heute wirkt die damalige Rabaukenhaftigkeit unweigerlich museal-zahm und Objekte wie der Mind Expander ziemlich vorgestrig.

Es wäre auch "naiv", so die künstlerische Leiterin des Lentos, Stella Rollig, die aktuelle Schau als "Modell neuer und alternativer Handlungsformen" präsentieren zu wollen. Man könne vielmehr anhand dieser historischen Arbeiten aktuelle Fragen aufwerfen, etwa was Aufgabe und Status des zeitgenössischen Museums anlange.

Im Katalog heißt es zu diesem auszulotenden Delta zwischen den Zeiten: "Vielleicht betrifft die wesentlichste Veränderung die nahezu vollkommen erreichte Ausrottung dessen, was einmal als Euphorie für Visionen existiert hat. 2007: keine Euphorie, nirgends Visionen."

Kann es sein, dass sich die Katze hier in den Schwanz beißt? Eine die Institution Museum hinterfragende, sehr alte Ausstellung wird auf museale Weise wiederbelebt, um die Funktion des zeitgenössischen Museumsbetriebs zu hinterfragen.

Auch die Zitate der Gruppe von dazumals lesen sich heute rotzig-pubertär und sagen uns letztlich überhaupt nichts mehr.

So formulierte Laurids Ortner im Jahr 1972 Folgendes: "Was Architektur ist, habe ich noch nie gewusst oder wieder vergessen. (...) Architekten werden verpflichtet, ihre Häuser in einen großen Müllverwerter zu rücken. Einfach hinein rücken. Und all diese Architekten, die Häuser so rücken, wären Hausrucker. Ja Hausrucker!" (Ute Woltron /DER STANDARD, Printausgabe, 20.11.2007)