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Die "Sintflut" war eine Katastrophe - auf lange Sicht könnte sie die Ausbreitung der menschlichen Zivilisation aber gefördert haben, glauben britische forscher.

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London - Dass die biblische Sintflut - ebenso wie Flut-Mythen anderer Religionen aus dem Nahen Osten - auf die kollektive Erinnerung an ein real stattgefundenes Ereignis zurückgehen könnte, ist eine alte Hypothese. In den vergangenen Jahrzehnten wurde immer wieder nach möglichen Szenarien gesucht - ein besonders aussichtsreicher Kandidat wurde im 7. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung geortet:

Die beiden US-Forscher Walter Pitman und William Ryan stellten 1997 in ihrem Buch "Noah's Flood" die Theorie auf, dass ein gewaltiger Wassereinbruch in das Schwarze Meer der historische Kern der Legende gewesen sein könnte. Die Theorie wurde inzwischen viel diskutiert und modifiziert, ist in ihrer Grundaussage aber gleich geblieben: Am Ende der letzten Eiszeit habe die großmaßstäbliche Eisschmelze zu einem starken weltweiten Anstieg des Meeresspiegels geführt, der sich vom Atlantik ins Mittelmeer und ins Marmarameer fortsetzte. Am Bosporus wurden die Wassermassen noch für einige Zeit von einem natürlichen Damm aufgehalten - bis vor etwa 8.300 Jahren, ausgelöst vom Einströmen des abgeschmolzenen nordamerikanischen Eisschilds in den Atlantik, der Damm brach und die Flut sich mit katastrophaler Wucht ins bis dahin abgetrennte Schwarze Meer ergoss. Geologische Funde stützen diese Theorie.

Massenmigration und eine neue Kulturtechnik

Britische Forscher verbanden das Flut-Szenario nun mit einer anderen Veränderung, die sich etwa zeitgleich in Europa ereignete: der Ausbreitung der Landwirtschaft. Chris Turney von der Universität Exeter glaubt dadurch die Flut bis auf 50 Jahre genau datieren zu können. Die Forscher rekonstruierten die Küstenlinien des Mittelmeers und des Schwarzen Meers vor und nach der Flut und schließen auf eine Fläche von etwa 73.000 Quadratkilometern, die zeitweise überflutet waren. Und die betroffenen Regionen waren zumindest zum Teil bewohnt gewesen und landwirtschaftlich genutzt worden, wie archäologische Funde in der Vergangenheit zeigten. Zehntausende Menschen dürften damals ihre Wohn- und Anbaustätten verloren haben.

Das führte zu einer Massenmigration - und die Menschen trugen ihre Kenntnisse über Landwirtschaft in neue Regionen, vermuten die Forscher in der aktuellen Ausgabe von "Quaternary Science Reviews". Sie sahen sich die frühesten Hinweise auf Landwirtschaft in Europa an: Vor etwa 9.000 Jahren war die "Neolithische Revolution" in Form von Ackerbau, Viehzucht und Vorratswirtschaft aus dem Nahen Osten nach Südosteuropa gelangt - schritt zunächst aber nur spärlich voran, wie vereinzelte Funde im heutigen Griechenland und auf dem Balkan zeigen. Nachdem die Flutkatastrophe vorüber war, breitete sich die Landwirtschaft dann vergleichsweise explosionsartig aus: Getragen, so vermutet zumindest Turney, von denjenigen Menschen, die vor der Flut geflüchtet waren. (red)