Paris/Straßburg/Budapest - Die Streiks gegen die Reformpolitik des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy sind am Dienstag Gegenstand zahlreicher Pressekommentare.

"Libération" (Paris)

"Eine gute Nachricht für alle Franzosen, die auf Nachrichten der Sozialisten gewartet haben: Die Sozialistische Partei (PS) wurde wiedergefunden. Anlässlich des Beamtenstreiks taucht die Partei von François Hollande wieder auf. Sie hat gestern Vorschläge zur Kaufkraft der Franzosen im Allgemeinen und der Beamten im Besonderen gemacht. Die Partei, die in den letzten Tagen nichts von sich hören ließ (...), ist endlich aus ihrem Heilschlaf erwacht. (...) Angesichts der Hilflosigkeit (der Regierung) musste die PS einfach reagieren. Sie hat uns damit nicht überrascht, doch wir hätten gerne auch ihre Meinung zu den heikleren Fragen gehört - etwa zur Justizreform oder zur Einwanderung. Oder sogar, warum eigentlich nicht, zu den umstrittenen Vorruhestandsregelungen!"

"Dernières Nouvelles d'Alsace" (Straßburg)

"In allen Meinungsumfragen erscheint die Kaufkraft in der Tat als die Sorge Nummer eins, noch vor der Angst vor Arbeitslosigkeit. (...) Es war für den Kandidaten Nicolas Sarkozy recht leichtsinnig, diese Frage zu einem zentralen Wahlkampf-Thema zu machen. Indem er den Franzosen versprach, dass sie mehr verdienen würden (indem sie mehr arbeiten, sicherlich), hat der Staatspräsident Hoffnungen keimen lassen. Doch es fehlen ihm nun die notwendigen Mittel, diese Hoffnungen zu erfüllen (...). Welche politische Macht kann 2007 noch behaupten, sie werde Wohlstand schaffen - einzig durch ihr politisches Wirken?"

"Im Namen der Kaufkraft wird Frankreich an diesem schwarzen Dienstag blockiert und in allen Umfragen tritt die Kaufkraft als Hauptsorge der Familien auf, noch vor der Arbeitslosigkeit. Jede Reform wird daran gemessen, was sie den Bürgern an materiellem Wohlstand bringt. Der Kandidat Nicolas Sarkozy hatte den Franzosen vor seiner Wahl zum Präsidenten versprochen, dass sie mehr verdienen würden, wenn sie mehr arbeiteten. Dieses Versprechen hat Hoffnungen geweckt, die er nicht halten kann. Auch Sarkozy wird am Ergebnis seiner Politik gemessen werden. Die Umfragen zeigen es: Die Schonfrist für den Präsidenten ist vorbei".

"Nepszava" (Budapest)

"Sarkozys Popularität schwindet, doch die öffentliche Meinung unterstützt nach wie vor seine Reformen. Die Franzosen sind der Ansicht, dass am versteinerten Pensionssystem, am Unterrichtswesen, an der Sozialversicherung Änderungen notwendig sind. Denn wenn alles so bleibt, wie es ist, wird man später nur einen noch höheren Preis dafür zahlen. In den Details wird viel über die Regierungspläne diskutiert, doch für die sturen Konservierungsbestrebungen, die nur das Schlechte bewahren wollen, hat man kein Verständnis mehr. Man müsse verhandeln, sich einigen, heißt es, aber die Politik möge in die sozialen Debatten gefälligst nicht hineingezogen werden." (APA/dpa/AFP)