Wien - Den Grundstein für die Fertigung der auch heute weltweit begehrten Bösendorfer-Klaviere legte der am 27. Juli 1794 in Wien geborene Ignaz Bösendorfer. Als 19-Jähriger begann er eine Lehre bei Josef Brodmann, dem berühmten Wiener Orgel- und Klavierbauer. Am 25. Juli 1828 gründete er mit der Gewerbenummer 225 669 seinen eigenen Betrieb, die "Bösendorfer Klaviermanufaktur", und heimste mit seinen Instrumenten 1839 und 1845 den ersten Preis bei der alljährlichen Wiener Industrieausstellung ein.

Bösendorfer trotzt Liszt

Derartige Erfolge blieben auch dem Kaiser nicht verborgen. Um dies zu demonstrieren, durfte Bösendorfer in Zukunft den offiziellen Titel eines "k. u. k. Hof- u. Kammerklavierverfertigers" tragen. Franz Liszt, bereits zu Lebzeiten gefeierter Konzertpianist, verdankte dem Firmengründer neben einer lebenslangen Freundschaft seinen Durchbruch. Mit seiner eigenwilligen, bis dahin von niemandem erreichten Technik zertrümmerte Liszt sämtliche Klaviere, die ihm "unter die Finger kamen". Erst ein Bösendorfer-Flügel, von Freunden empfohlen, hielt seinem Spiel stand. Die Folge: Das damals konzertbegeisterte Wiener Publikum konnte endlich einem von Liszt gegebenem Abend lauschen, feierte den Pianisten stürmisch, und der "Bösendorfer"-Flügel war mit einem Schlag über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt geworden.

Mit dem Tod des Gründers 1859 übernimmt sein Sohn Ludwig, geboren 1835, den Betrieb und verbessert mit seiner musikalischen Begabung und mit innovativen Konstruktionen Klang und Ausführung der Klaviere. 1860 meldet er das Patent "Privilegium auf die Erfindung einer eigentümlichen Klaviermechanik" an. 1870 übersiedelt der Betrieb an seinen heutigen Standort in Wien-Wieden, Büro und Verkaufslokal kommen in die Herrengasse in der Innenstadt. Der von Ludwig initiierte Umbau der dort gelegenen Reitschule des Fürsten Liechtenstein, die über eine ausgezeichnete Akustik verfügt, beschert Wien einen der besten Konzertsäle der Welt, in dem zwischen 1872 und 1913 mehr als 4.500 Abende mit legendären Künstlern wie Anton Rubinstein, Ernst von Dohnany, Max Reger, Johannes Brahms, Hugo Wolf, Teresa Carreno, Bela Bartok, Gustav Mahler, Franz Liszt und vielen mehr stattfinden.

Stiftung

Ludwig Bösendorfer widmet dem Konservatorium zahlreiche Flügel und alljährlich einen "Bösendorfer" für einen fähigen Absolventen des Klavierfachs. Diese Stiftung lebt heute noch in Form eines zweijährigen "Wettbewerbs" weiter. 1909 verkauft der kinderlose Ludwig den Betrieb an seinen Freund Carl Hutterstrasser, der ihn in seinem Sinne weiterführt. 1913 erreicht die Produktion ihren Höhepunkt, mehr als 430 Klaviere verlassen die Fabrik in Richtung aller fünf Erdteile. Aber schwere Rückschläge stehen bevor: Das Areal, auf dem sich der Bösendorfersaal befindet, muss für ein Bauprojekt geräumt werden, das letzte Konzert findet im Mai 1913 statt. Im ersten Kriegsjahr sinkt die Produktion auf weniger als 140 Instrumente.

Die Weltwirtschaftskrise 1929 trifft die exportorientierte Klavierfabrik besonders schwer, erst Mitte der Dreißiger Jahre steigt die Produktion bis zum Jahr 1943 langsam an, bis das Werk und das Lager gegen Ende des Zweiten Weltkrieges ausgebombt werden und die Produktion damit völlig brach liegt. Nach Kriegsende wird die Arbeit erneut aufgenommen. Zwischen 1950 und 1966 werden jährlich bereits wieder an die 100 Klaviere gebaut. 1966 kauft die amerikanische Firma Kimball International Inc. die Bösendorfer-OHG auf und wandelt sie in eine Aktiengesellschaft um. 1975 wird erstmals wieder die Produktionszahl von 1913 erreicht und überschritten: 515 Klaviere finden Absatz in allen Kontinenten. Das 150-jährige Bestehen wurde 1978 mit einem Festkonzert der Wiener Philharmoniker unter Horst Stein im Musikverein begangen, in dessen Rahme Paul Badura-Skoda der "Bösendorfer-Ring" verliehen wurde. Im Mai 2002 wurde zum ersten Mal der Life Time Achievement Award an den Jazzpianisten Oscar Peterson vergeben.

Österreichische Eigentümer

2002 gelangte mit dem Erwerb durch die Bawag/PSK-Gruppe das Unternehmen wieder in österreichische Hand. Der Klavierverkauf der weltberühmten Manufaktur war in den vergangenen Jahren zurück gegangen. Bösendorfer schrieb im Vorjahr fast zwei Mio. Euro Verlust. Die Schulden belaufen sich auf geschätzte acht Mio. Euro. Im Vorjahr, als es nach Aufbrechen der Bawag-Spekulationskrise an den Verkauf der Bank selbst gehen musste, war der damals bereits eingeleitete Verkauf von Bösendorfer wieder gestoppt worden. Im heurigen Spätsommer, inzwischen ist Cerberus neuer Bawag-Eigentümer, wurde das Verkaufsprozedere abermals eingeleitet. (APA)