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Foto: Getty Images/China Photos
Wien - Chinas Innovationssystem weist zwar ein "spektakuläres Wachstum" auf, hätte beim genauen Hinschauen aber auch Schwächen, meint Gernot Hutschenreiter, stellvertretender Leiter der "Country Innovation Policy Review Unit" der OECD. Der ehemalige Wifo-Experte hatin Wien beim "Club Research" zum Thema "Chinas Rückkehr zur Technologie-Großmacht" Details aus der OECD-Länderstudie über die Innovationspolitik Chinas präsentiert.

Bei den Bemühungen Chinas, vom "anhaltenden zum nachhaltigen Wachstum" zu kommen, spiele Wissenschaft und Technologie eine wesentliche Rolle. So liege die Wachstumsrate bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) in der Nähe von 20 Prozent, die Forschungs-Quote nehme rasant zu, nähere sich dem EU-Durchschnitt und habe auch schon Russland überholt, sagte Hutschenreiter. Mit 1,23 Prozent beträgt sie allerdings nach wie vor erst die Hälfte des österreichischen Werts.

Zudem gebe es eine rasante Expansion des chinesischen tertiären Bildungssystems, ein "spektakuläres Wachstum chinesischer wissenschaftlicher Publikationen, wenn auch von niedrigem Niveau ausgehend und noch einem geringen Impact-Faktor".

Ungleichgewicht zwischen Geld und Personal

Weiters haben die OECD-Experten massive Investitionen in spezialisierte Wissenschafts-Infrastruktur geortet. Doch "nicht immer gibt es ein Gleichgewicht zwischen den materiellen Investitionen und dem Humankapital, das diese Infrastruktur auch nutzen kann", sagte Hutschenreiter. Zudem gebe es "mehr E als F", also mehr Entwicklung als Forschung. Der Mangel an Grundlagen- und angewandter Forschung trage auch zur relativ geringen Zahl an patentierbaren Innovationen bei.

Zu den Stärken zählt Hutschenreiter das "dynamische wirtschaftliche Umfeld, das eine Sogwirkung erzeugt", ein starkes Bekenntnis der chinesischen Regierung, die Entwicklung zu unterstützen, ein rasches Lernen von "Best-practice-Beispielen", eine breite soziale Akzeptanz von Wissenschaft und Forschung, rasch wachsende F&E-Investitionen ausländischer Unternehmen und gute Qualität der führenden Forschungs-Unis.

Geringe Innovationsfähigkeit

Hutschenreiter ortet aber auch Schwächen: Die Rahmenbedingungen seien zum Teil nicht innovationsfreundlich, etwa im Bereich geistige Rechte. Es gebe unter anderem einen Mangel an Tiefe der F&E-Aktivitäten, eine relativ geringe Innovationsfähigkeit chinesischer Firmen und Engpässe bei den Humanressourcen im Bereich Wissenschaft.

"Verlagert die Wirtschaft nach der Produktion auch die F&E nach China?" - Dieser Frage ist Martin Berger von Joanneum Resarch in einer Studie über die Aktivitäten österreichischer Firmen in China nachgegangen. Dazu wurden 17 technologieorientierte Unternehmen interviewt, die meisten davon sind erst seit 2002 mit Produktionen in China vertreten. Die derzeitigen F&E-Aktivitäten beschränken sich dabei vor allem auf Produkt- und Prozessverbesserungen und Anpassung der Produkte an den lokalen Markt, eine Ausweitung sei aber geplant.

Als Motive, warum F&E in China betrieben werde, nannten die Firmen vorwiegend die Nähe zu Markt, Kunden und Produktion. Warum noch nicht mehr in dem Hoffnungsland geforscht wird, beantworteten viele mit "zu früh", den Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden und dem mangelhaften Schutz geistigen Eigentums.

Ein Unternehmen, das in China bereits eine F&E-Abteilung aufgebaut hat, ist der Leiterplattenhersteller AT&S, und zwar im Werk in Shanghai. Dabei gehe es vor allem um Produkt- und Prozessverbesserungen am mittlerweile größten Standort von AT&S, zudem seien viele Zulieferer nach China gegangen bzw. kommen aus dem asiatischen Raum, begründete Hannes Voraberger den Grund für den von ihm geleiteten Aufbau der F&E-Abteilung.

Mittlerweile sei diese zu 100 Prozent in chinesischer Hand, der Kern zähle neun Mitarbeiter, gemeinsam mit den Ingenieuren aus den Produktionsbereichen seien 30 bis 40 Leute an Weiterentwicklungen beteiligt. Gutes Personal sei aber schwer zu bekommen.

High-end-Forschung in Österreich

AT&S wolle aber "die High-end-Forschung in Österreich behalten, um von hier aus die Richtung vorzugeben". Eine stärkere Arbeitsteilung sei aber vorstellbar, etwa wenn einige Produktionssegmente vollständig nach China gehen würden und damit auch die entsprechende Forschung.

Die Sinologin Susanne Weigelin-Schwiedrzik verwies auf die massive Expansion des tertiären Sektors in China, wobei noch nicht klar sei, ob das chinesische Uni-System damit zurecht komme, diese Menge an Studenten auch qualitätsvoll auszubilden. Gaststudenten hätten hier eher schlechte Erfahrungen gemacht, "das war ein schöner Urlaub, gelernt wird da nicht mehr".

Dennoch habe diese Expansion auch Auswirkungen auf Europa. Es werde international berufen und auch sehr gut bezahlt, denn "Exzellenz international zu lukrieren, ist der kürzeste Weg für China". Wenn gut ausgebildete Europäer es "nicht in die USA schaffen, gehen sie nach Asien - mit diesem erhöhten Wettbewerb müssen wir umgehen lernen". (APA/red)