Obwohl der Handel mit Krediten, die vom Schuldner nicht mehr bedient werden (non-performing loans), international seit längerem üblich ist, haben österreichische Banken bisher nur vereinzelt Pakete notleidender Kredite veräußert. Ein Grund dafür waren zumindest anfänglich bestehende rechtliche Unsicherheiten – etwa, ob die Abtretung von Kreditforderungen mit der in § 38 Bankwesengesetz (BWG) normierten Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses zu vereinbaren ist. Vergangene Woche haben Rechtsexperten in der Presse erneut die Rechtmäßigkeit solcher Kreditverkäufe in Frage gestellt – zu Unrecht, wie ein Blick in die österreichische Judikatur und Lehre zeigt.

1989 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass das Bankgeheimnis einer Abtretung von Kreditforderungen nicht entgegenstehe. Das Höchstgericht begründete dies damit, dass „das Bankgeheimnis nicht den Zweck hat, die Bank in ihrer Verfügungsmöglichkeit [über ihre Forderungen] zu beeinträchtigen“. In jüngeren Entscheidungen hat der OGH aber entschieden, dass die Honorarforderungen von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern aufgrund der gesetzlichen – mit dem Bankgeheimnis vergleichbaren – Verschwiegenheitspflicht dieser Berufsgruppen nicht wirksam abgetreten werden können. Die Entscheidung aus dem Jahr 1989 kann daher nicht unkritisch als Freibrief für die Abtretung von Kreditforderungen verstanden werden.

Interessensabwägung

Richtigerweise ist die Frage der Zulässigkeit der Abtretung von Kreditforderungen im Wege einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die in § 38 Abs 2 BWG normierten Ausnahmen vom Bankgeheimnis zählen nach Judikatur und herrschender Lehre nur beispielhaft Fälle auf, in denen die Interessen der Bank an der Offenlegung bankgeheimnisrelevanter Informationen den Interessen des Kunden an deren Geheimhaltung typischerweise vorgehen. Vor der Abtretung von Kreditforderungen ist also jeweils zu prüfen, ob das Interesse des Kreditinstituts an der Veräußerung schwerer wiegt als das Interesse des Kreditnehmers, die – mit einer solchen Abtretung notwendig verbundene – Offenlegung bankgeheimnisrelevanter Daten zu vermeiden.

Diese Interessenabwägung fällt in Fällen, in denen ein Kredit wegen Zahlungsverzugs des Kunden fällig gestellt und in der Folge nicht rückgeführt wurde, klar zugunsten der Bank aus: Der Kunde hat seine vertraglichen Pflichten gegenüber der Bank nicht erfüllt. Sein Interesse an der Geheimhaltung tritt unter diesen Umständen hinter das Interesse der Bank zurück, durch Veräußerung des „faulen Kredits“ weitere Nachteile aus dem vertragswidrigen Verhalten des Schuldners zu verhindern.

Zulässige Verwertung

Dementsprechend hat es das Oberlandesgericht Köln in einem bereits 2005 ergangenen Urteil (8 U 21/05) als zulässig angesehen, „dass eine Bank Rückzahlungsansprüche jedenfalls gegen Kunden, die in Verzug geraten sind oder denen ein anderweitiger Pflichtverstoß vorzuwerfen ist, durch Veräußerung und Abtretung verwertet“. Die Abtretbarkeit notleidender Forderungen wird auch mit dem Interesse an einer gesamtwirtschaftlich notwendigen Stabilität des Finanzmarkts begründet.

In der österreichischen Literatur wird darüber hinaus vertreten, dass die Interessenabwägung selbst bei Veräußerung „gesunder Kredite“ zugunsten der Bank ausfalle, wenn diese die Forderung zu Zwecken der Refinanzierung oder Verlagerung des Kreditrisikos übertragen will. Diese Wertung lässt sich auch einem Urteil des deutschen Bundesgerichtshofes vom 27.2.2007 (XI ZR 195/05) entnehmen.

Die Offenlegung von Informationen ist jedenfalls auf das für die Verwertung der Forderung durch den Erwerber Notwendige zu beschränken. In Zweifelsfällen kann das Risiko einer Verletzung des Bankgeheimnisses durch eine bloße Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den Kreditforderungen – eine Treuhandlösung – minimiert werden. (Dr. Bernhard Köck*, DER STANDARD Printausgabe 21.11.2007)