Die Kosovo-Albaner wollen sich in der Frage der Unabhängigkeitserklärung mit den USA und der EU absprechen, sagten sie am Dienstag _in Brüssel. Die Verhandler aus Belgrad kamen mit einem neuen Vorschlag und warnten vor Unruhen in Serbien und in Mazedonien.

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Brüssel – Einer malte Bedrohungsszenarien an die Wand, der andere machte originelle Vorschläge. Bei den Verhandlungen mit der Kosovo-Troika in Brüssel brachte der serbische Kosovo-Minister Slobodan Samardžic am Dienstag die Aland-Inseln als ein Lösungsmodell für den Kosovo zur Sprache, Verteidigungsminister Dragan Sutanovic warnte hingegen davor, dass Serbien eine „Zone der extremen Turbulenz“ betrete.

Belgrad hatte bei den letzten Verhandlungen in Wien das Hongkong-Modell („Ein Staat – zwei Systeme“) eingebracht, die Kosovo-Albaner wiesen den Vorschlag zurück. Im Unterschied zu Serbien und dem Kosovo würden in Hongkong wie in China nur Chinesen leben würden. Dies gelte nicht für die Aland-Inseln, argumentierte Samardžic nun seinen Aland-Vorschlag. Auf den zu Finnland gehörenden Inseln lebe eine schwedische Minderheit, die inneren Angelegenheiten würden weitgehend autonom verwaltet. Analog dazu forderte er für den Kosovo eine auf „20 Jahre befristete wesentliche Autonomie“.

Verteidigungsminister Sutanovic nährte Spekulationen, im Kosovo könnten Unruhen und Proteste ausbrechen, sollten die „großen Erwartungen“ der albanischen Bevölkerungsmehrheit nach dem 10. Dezember nicht erfüllt werden. Am 10. Dezember soll die Kosovo-Troika (EU, Russland, USA) UN-Generalsekretär Ban Ki Moon berichten. „Von diesem Moment an besteht eine sehr große Möglichkeit für Unruhen, vor allem für Proteste, aber auch für eine Gefährdung der nichtalbanischen Bevölkerung“, sagte Sutanovic.

Er versicherte aber, dass die serbischen Streitkräfte im Falle von Unruhen im Kosovo oder einer einseitigen Ausrufung der Unabhängigkeit „nichts selbstständig“ unternehmen würden und nur den Weisungen der Staatsspitze folgen würden. Der voraussichtliche neue Premier des Kosovo, Hashim Thaçi, versprach am Dienstag Zurückhaltung beim Streben nach Unabhängigkeit sowie bessere Beziehungen zu Serbien.

Kosovo-Präsident Fatmir Sejdiu sagte der EU und den USA eine Rücksprache vor einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung zu. Er bekräftigte aber zugleich den Plan, die Souveränität des Kosovo bald nach dem 10. Dezember zu erklären. Ab 26. November könnte in Wien die letzte Verhandlungsrunde geführt werden. Möglich ist eine große Konferenz über mehrere Tage nach dem Vorbild von Rambouillet oder Dayton.

Italiens Premierminister Romano Prodi warnte vor einer Brüskierung Serbiens. Er sehe den drohenden Konflikt durch die nahende Statusentscheidung mit großer Sorge (AFP, Reuters, APA, red, DER STANDARD, Printausgabe 21.11.2007)