Korneuburg/Wien - Die Amtsmissbrauch-Anklage gegen die Korneuburger Richterin, die sich in einem Verfahren gegen einen Zigarettenschmuggler eines zu jungen und nicht in die Schöffenliste eingetragenen Laienrichters bedient und damit dem Angeklagten das Recht auf seinen gesetzlichen Richter genommen haben soll, dürfte noch diese Woche rechtskräftig werden. Das Landesgericht Korneuburg will danach über Konsequenzen für die Betroffene beraten, kündigte Gerichtspräsident Wilhelm Tschugguel an. Keine Suspendierung

"Wir beobachten die Frage, ob die Anklage in Rechtskraft erwächst, sehr genau. Sollte es dazu kommen, wird sich der Personalsenat mit der neuen Sachlage befassen und tätig werden", sagte Tschugguel. Für "Notmaßnahmen" wie eine vorläufige Suspendierung bestünde kein Anlass, für die betroffene Kollegin gelte selbstverständlich die Unschuldsvermutung. Es sei aber auch, "das Bild nach außen" zu berücksichtigen, räumte der Gerichtspräsident ein, der im Hinblick darauf "mit einer wahrscheinlich kontroversen Personalsenatssitzung" rechnet.

Denkbar wäre, dass die Richterin bis zur Klärung der gegen sie erhobenen Vorwürfe von der Verhandlungstätigkeit abgezogen wird. Eine andere Variante wäre, sie im Rahmen der Geschäftsverteilung bestimmte Delikte wie Missbrauch der Amtsgewalt nicht mehr verhandeln zu lassen. Erst in der Vorwoche war die selbst unter derartigem Verdacht stehende Richterin als Beisitzerin in einem Senat gesessen, der sich just mit einem solchen Fall auseinanderzusetzen hatte.

Disziplinarverfahren

Ob die Vorgangsweise der Richterin disziplinäre Konsequenzen nach sich zieht, muss das Oberlandesgericht Graz entscheiden, wo seit längerem ein Disziplinarverfahren anhängig ist. Mittlerweile werden innerhalb der Justiz Stimmen laut, die dafür eintreten, dass auch das Strafverfahren, das zunächst aus Befangenheitsgründen von Korneuburg nach Wien delegiert worden war, an Graz abgetreten und damit außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Wien geführt wird. Grund: Der designierte Wiener OLG-Präsident Anton Sumerauer hatte in der Vorwoche in Bezug auf den konkreten Fall auf APA-Anfrage erklärt, "die Wahrscheinlichkeit, dass etwas anderes rauskommt als ein Freispruch", sei "sehr unwahrscheinlich", sollte es "überhaupt zu einer Hauptverhandlung kommen."

Zur Frage einer möglichen Delegierung gab man sich am Mittwoch im Justizministerium bedeckt. Man wolle vorerst abwarten, ob die Anklage rechtskräftig wird, und sich erst im Anschluss öffentlich zu daran anknüpfenden Fragen wie dem Verhandlungsort äußern, ersuchte eine Sprecherin um Verständnis. (APA)