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Die Wachstumsraten in den für Österreichs Unternehmen so wichtigen Reformländern Mittel-, Ost- und Südeuropas bleiben hoch. Aber es steigen doch auch die Risiken, warnen die Experten vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche.

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Wien – Das anhaltende Wirtschaftswachstum in den Reformländern Mittel-, Ost- und Südeuropas zeigt erfreuliche Auswirkungen auf die Arbeitslosenraten: Die Tendenz ist eindeutig fallend. Die Kehrseite der Medaille ist: Der Facharbeitermangel ist massiv. Vor allem die Autoindustrie, die Bauwirtschaft, die IT-Branche und die Textilindustrie seien stark betroffen, aber auch die Gesundheitssysteme.

In manchen Ländern werde bereits versucht, mit speziellen Programmen Facharbeiter aus Kasachstan, Vietnam und China anzulocken, berichtet Peter Havlik vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) am Mittwoch bei der Präsentation der jüngsten Prognose für Osteuropa.

Noch fehlen exakte statistische Daten, um das genaue Ausmaß des Facharbeitermangels feststellen zu können. Für den Standort Österreich dürfte es aber auf jeden Fall schwer werden, den Bedarf der heimischen Industrie in den Reformländern zu decken. Wie berichtet, will das Wirtschaftsministerium ab 2008 in 50 Berufen den Arbeitsmarkt für Personen aus den neuen EU-Mitgliedsländern öffnen, ab 2009 für alle Facharbeiter (dagegen gibt es regierungsintern noch Widerstände, die SP-Seite ist dem Vernehmen nach nicht überzeugt).

Das Wirtschaftswachstum in den zehn neuen EU-Mitgliedstaaten Osteuropas verliert insgesamt zwar etwas an Tempo, legt aber immer noch doppelt so stark zu wie in der "alten EU". "Das Wachstum wird heuer etwas geringer ausfallen als 2006, aber im Durchschnitt immerhin sechs Prozent betragen", so Havlik. Im Vorjahr hatten die osteuropäischen EU-Mitglieder um durchschnittlich 6,5 Prozent zugelegt. In den 15 westeuropäischen EU-Ländern entschleunigt sich das Wirtschaftswachstum heuer voraussichtlich von 2,8 auf 2,7 Prozent. Sorgenkind der Region ist nach wie vor Ungarn. Das Wirtschaftswachstum fällt dort aufgrund des eisernen Sparprogramms der Regierung auf 1,8 Prozent heuer, sollte aber im kommenden Jahr laut WIIW wieder auf 3,0 Prozent anziehen.

Das Lohnniveau in Osteuropa legt stetig in allen neuen Mitgliedsländern zu. "Die höheren Löhne bergen gewisse Gefahren für die Wettbewerbsfähigkeit der Länder in sich", so Havlik. In Ungarn, der Slowakei und Tschechien hätten sich die Lohnstückkosten seit 2000 um fast 50 Prozent erhöht. Auch in Rumänien sei infolge der steigenden Löhne und der Aufwertung der rumänischen Währung "ein markanter Anstieg der Lohnstückkosten zu beobachten". Die Lohnstückkosten steigen zwar, sind aber im Vergleich mit Österreich relativ konstant, was die Wettbewerbspositionen mehr oder weniger unverändert lässt.

Mit etwas Besorgnis sieht das WIIW die Entwicklung in Rumänien und Bulgarien – es gebe Anzeichen für Überhitzung. So stiegen die Löhne stärker als die Produktivität. (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.11.2007)