Wien – In Österreich sind mehr Jugendliche in Haft als in anderen Ländern. Das zeigt eine internationale Studie, die der deutsche Rechtsprofessor Frieder Dünkel bei der Konferenz der Leiter der europäischen Strafvollzugsanstalten in Wien vorstellte.

Von 100.000 Jugendlichen unter 18 Jahren sind demnach in Deutschland und Großbritannien weniger als 50 im Gefängnis. Fast doppelt so hoch ist die Zahl in Österreich: 80 von 100.000 Jugendlichen sitzen hinter Gittern. In Finnland sind es nur vier: Dort habe man wie in Schweden und Norwegen eine Politik verwirklicht, die den Freiheitsentzug in Strafanstalten zur absoluten Ausnahme mache, sagt Strafrechtler Dünkel.

Höhepunkt der kriminellen Karriere"

Der hohe Anteil in Österreich liege daher nicht unbedingt an mehr kriminellen Jugendlichen als anderswo. Die Zahl der inhaftierten Jugendlichen um die 18 Jahre sei in allen Länder recht hoch. In diesem Alter sei "der Höhepunkt der kriminellen Karriere" erreicht, so Dünkel. "Selbst Wiederholungstäter im Jugendalter werden, wenn sie einmal 25 sind, spießig: Die wollen ja Familie, Kinder, Haus und Hof – und nicht ein Leben lang Kriminelle bleiben."

Alternativen zum Gefängnis

Die Alternativen zum Gefängnis sind Resozialisierungsprogramme und Wohlfahrtsheime: In anderen Ländern würde die Betreuung der Jugendlichen "mit einem Personalaufwand von ungefähr 24 Erziehern rund um die Uhr" nach dem Motto "Menschen statt Mauern" zu durchaus guten Erfolgen führen. Der Schlüssel zu weniger Jugendkriminalität ist für Dünkel die Bildung: 80 Prozent der jungen Straftäter hätten keinen Pflichtschulabschluss. (red/ DER STANDARD Printausgabe 22.11.2007)