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Nach rund einer Woche Streik haben am Mittwoch Vertreter der Bahn und des Pariser Nahverkehrs Verhandlungen mit Gewerkschaften und Regierungsvertretern aufgenommen

Foto: REUTERS/Eric Gaillard
Paris – Nach einer zermürbenden Streikwoche in Frankreich hofften Millionen von Pendlern auf Gespräche, die streikende Bahngewerkschaften und Staatsführung unter Präsident Nicolas Sarkozy führen wollten. Noch vor Verhandlungsauftakt machten aber andere Meldungen die Runde: Auf den großen Hochgeschwindigkeitsstrecken ab Paris war es in der Nacht zum Mittwoch zu vorsätzlich gelegten Bränden und Sabotageakten gekommen. Die wenigen verkehrenden TGV-Züge nach Strassburg im Osten, nach Marseille im Süden, nach Nantes im Westen und Belgien und London im Norden verspäteten sich dadurch zusätzlich um mehrere Stunden. „Wir hegen den starken Verdacht, dass die Dinge nicht auf Zufall beruhen“, meinte Jean-Paul Boulet, ein Sprecher der französischen Staatsbahn SNCF, die Anzeige erstattete. Die Polizei nahm Ermittlungen auf. Die Gewerkschaften, darunter auch die bei der SNCF dominante CGT, verurteilten die offensichtlichen Sabotageakte. Nur die radikale Gewerkschaft Sud-Rail wollte sich dieser Reaktion nicht anschließen, „solange keine Klarheit herrscht“. Sud ist die jüngste unter den Arbeitnehmerorganisationen und eng mit trotzkistischen Parteien verbunden. Hundert ihrer Mitglieder hatten Mittwoch den Chef der verhandlungswilligen Gewerkschaft CFDT, François Chérèque, mit Pfiffen und Anrempeln zum Verlassen der Pariser Großkundgebung gezwungen. "Nicht verhandelbar" Die übrigen Gewerkschaften votierten für die Weiterführung des Streiks, um während der Verhandlungen über ein Druckmittel zu verfügen. Sarkozy machte nämlich klar, dass der Kern der umstrittenen Pensionsreform nicht verhandelbar sei; die Eisenbahner müssten also wie alle übrigen Erwerbstätigen 40 und nicht mehr nur 37,5 Jahre Rentenbeiträge einbezahlen, um später in den Genuss einer Vollpension zu kommen. Einen möglichen Ausweg aus dem harten Konflikt weist die SNCF: Als Kompensation für den Verlust der Frühpension bietet sie den Eisenbahnern insgesamt 90 Millionen Euro, mit der unter anderem eine Zusatzrente finanziert würde. Mit einem raschen Verhandlungsresultat wird aber nicht gerechnet. Radikale Gewerkschafter, denen es auch um einen politischen Protest gegen Sarkozys Rechtsregierung geht, geraten aber immer mehr in die Defensive – was wohl auch die Sabotageakte erklärt. Nach einer neuen Umfrage halten 68 Prozent der Franzosen die Anliegen der Streikenden für ungerechtfertigt. Die wirtschaftlichen Folgen der Streiks werden auf mindestens 300 bis 400 Millionen Euro geschätzt. (brä/DER STANDARD, Printausgabe 22.11.2007)