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Foto: Base
JA, PANIK The Taste And The Money
(Hoanzl) Möglicherweise werden der Band Ja, Panik ihre momentanen Frisuren in ein paar Jahren sehr, sehr peinlich sein. Das sind so modische Torheiten mit Asymmetrie und Klebemasse. Was ihnen nicht peinlich sein muss, ist ihr Album The Taste And The Money . Es ist neben We Carried The Sunlight Down To The Day von Bell Etage das beste heimische Rockalbum des heurigen Jahres. Während Bell Etage Englisch singen, bleiben Ja, Panik in der Muttersprache und formulieren in ihr den gerechten Zorn der Adoleszenz mit einer lange nicht gehörten Scheiß-drauf-Haltung, die das renitente Wesenselement des Rock 'n' Roll sympathisch pflegt und sich so wesentlich von diversen Wellness-Rockbands unterscheidet. Es dröhnt herb und derb die Gitarre, das Piano steht für den versteckten Schöngeist im Bandgefüge und balanciert einen über Albumlänge durchhaltenden Spannungsbogen. Geile Sache!

HONOLULU
We Look Back But We Look Good
(Universal)
Honolulu kokettieren mit Jetset-Fantasien, denen erotisiert hingehauchte Vocals den notwendigen Sex in der VIP-Lounge vor dem Anschlussflug verleihen. Mex Wolfensteiner macht mit Mirre M. und Bernd Oberlinger einen auf Flugkapitän. Die Destinationen sind neben Hawaii der auffrisierte Sixties-Pop von Pizzicato 5, wobei sich hier auch etwas Soul über den Gesang einschleicht. Für den Funk sorgt in ein paar Stücken Kurt Hauensteiner, besser bekannt als Supermax. Einer der besten Bläsersätze des Landes, Richard Klammer und Martin Zrost, machen den Sack zu.

NEIGUNGSGRUPPE SEX, GEWALT & GUTE LAUNE
Goodnight Vienna
(Trost)
Hinter dem etwas gar viel umarmenden Bandnamen stecken die FM4ler Fritz Ostermayer, Christian Fuchs, Robert Zikmund und David Pfister, die fremdes sowie eigenes Liedgut verwienern. Ostermayer befleckt damit quasi das Erbe der Band Der Scheitel, in der er in den 90ern Schlager auf brachial-sinnliche Art interpretierte. Auch das Coverartwork schreit laut "Scheitel". Nun ist Selbstbefleckung ja ein zentrales Thema im Ostermayer'schen Gesamtwerk, diese Fortführung also nur konsequent. Musikalisch pendelt die Neigungsgruppe zwischen elektronischem Landler, Liedermacherei samt toxisch bedingter Depression, aber auch Brian Eno könnte angesichts der Interpretation Da Hoss in mia (Beasts Of Bourbon) Tantiemen begehren. Dass ein Gutteil des Albums vor allem aber nach Georg Danzer klingt, muss hier leider festgehalten werden. Und Hurt (Nine Inch Nails) nachzustellen, ist populistisch und geht auch glatt in die Hose. Noch ein Fleck.

DORNINGER
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(Base Rec.)
Fadi Dorningers neues Album knarzt und brätzt technoid nach alter Schule. Eingewoben sind darin Melodien, für die er auch im Kraftwerk'schen Kling-Klang-Studio nicht abgesnobt werden würde, dazu gibt es ambientöse Zwischenspiele, denen er jedoch diverse Lärm- und Beats-Exorzismen angedeihen lässt. Das hält wach, fördert die Spannung - und erinnert gar ein wenig an die New Yorker Noise-Berserker Swans.

VILLALOG
Zwei
(Hoanzl)
Das Trio Villalog (Bernd Fleischmann, Michi Duscher, Marc Muncke) mit Gaststimme Teppei Ozawa orientiert sich deutlich an der deutschen Band Can, setzt also auf repetitive Rhythmen, an denen diverse Elektronik und die Gitarre ihre Girlanden anbringen. Das zeitigt stellenweise einen charmant steifen Funk, fast immer einen lässigen Groove und klingt trotz der Can'schen Breitseite eigenständig und aufregend. Hin und wieder wünschte man sich, Duschers Gitarre würde sich noch mehr gehenlassen, dann würden gar die großen Wipers ums Eck lugen. Trotzdem super.

WEMAKEMUSIC In A Living Room
(Hoanzl) Die Wiener Formation spielt sympathischen, beständig ein wenig betrübten Indie-Pop, dem Streicher und das Klavier zusätzlich aufs Gemüt drücken. Damit klingen Wemakemusic stellenweise wie die frühen Yo La Tengo, die ja ihrerseits auch große Übersetzer der letzten Sonnenstrahlen des Indian Summers vor der Dunkelheit des Winters waren. (flu / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.11.2007)