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Kokain hat sich laut Experten von einer Modedroge der Reichen zu einer Straßendroge entwickelt.

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Graphik: DER STANDARD
Brüssel/Wien - Kritik an den österreichischen Systemen zur Suchtgiftbekämpfung übt der EU-Drogenbericht 2007, der am Donnerstag in Brüssel vorgestellt wurde. Im Speziellen geht es um das Fehlen eines nationalen Aktionsplans, nur Österreich, Italien und Malta ließen einen solchen vermissen. Roland Simon von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) sagte, die Kräfte zur Drogenbekämpfung sollten national gebündelt werden, das sei sinnvoller, als das Problem von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich anzugehen.

In Österreich ist, wie auch in Finnland, Portugal und Griechenland, die Zahl der Drogentoten innerhalb von drei Jahren um 30 Prozent gestiegen; verursacht durch Überdosierungen, an denen pro Jahr in den EU-Ländern rund 7000 Süchtige sterben.

Immer mehr Europäer sind auf Kokain

"Wir können auf eine ganze Reihe von positiven Beobachtungen verweisen. Wir scheinen beim Drogenkonsum in eine stabile Situation zu kommen. Es gibt aber auch negative Beobachtung. So steigt in Europa der Kokainkonsum", sagte Wolfgang Götz, Chef der EBDD am Donnerstag bei der Präsentation des jährlichen Reports in Brüssel.

Mindestens 4,5 Millionen EU-Bürger haben im vergangenen Jahr zu diesem Rauschmittel gegriffen, 2005 seien es 3,5 Millionen gewesen. Somit ist Kokain nach Cannabis die meistkonsumierte illegale Droge in vielen EU-Staaten. Betreffend Cannabis warnt der Report auch vor den psychotischen Störungen, die diese Droge auslösen kann.

Götz erläutert ein positives Faktum : "Wir bekommen zunehmend mehr Drogenabhängige in die Behandlung. In vielen Bereichen zeigt sich eine Stabilisierung. So konsumieren zwar täglich rund drei Millionen Europäer Cannabis, doch wir haben den Höchststand hier offenbar bereits Mitte der 90er-Jahre erreicht. Auch beim Heroinkonsum zeigen sich Anzeichen einer Stabilisierung. Die Heroinproduktion in Afghanistan ist zwar horrend, doch die Auswirkungen davon zeigen sich in Europa noch nicht."

Von der Mode- zur Straßendroge

Ein Teil des Anstieges des Drogenkonsums liegt wohl darin begründet, dass die Preise für Kokain in den vergangenen Jahren ständig gefallen sind. EBDD-Experte Roland Simon: "Man sieht ja beim Tabakkonsum oder den Alko-Pops, dass sich Erhöhungen der Steuern auf den Konsum auswirken." Kokain habe sich von einer Modedroge der Reichen zu einer Straßendroge entwickelt: "Es hat den Glamour verloren."

Insgesamt beschreitet die EU in der Drogenpolitik einen Mittelweg. Der "Krieg gegen die Drogen", den die USA geführt hätten, sei fehlgeschlagen, hieß es am Donnerstag in Brüssel. Die EU nähere sich diesem Problem ohne ideologische Scheuklappen und Anflüge von moralischer Kritik an den Drogenkranken. Deshalb werde auch angestrebt, den Zugang zu Behandlungsdiensten zu erleichtern und Erste-Hilfe-Kurse für Drogenabhängige anzubieten.

200.000 europäische Drogenkonsumenten HIV infiziert

Bei HIV ist insgesamt eine positive Entwicklung zu verzeichnen. 2005 gab es 3.500 Neuinfektionen unter injizierenden Drogenkonsumenten. Bis zu 200.000 Drogenkonsumenten sind in Europa mit HIV infiziert. (red/APA)