Brüssel/Berlin/Ankara - Sieben Monate nach der Festnahme des deutschen Schülers Marco W. in Antalya wird dessen weiteres Schicksal von der EU-Kommission in Brüssel beobachtet. "Die EU-Kommission verfolgt diesen Fall sehr genau, was seine menschenrechtliche Dimension angeht", erklärte am Donnerstag die Sprecherin von EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn, Krisztina Nagy.

Angesichts der Sensibilität der Angelegenheit halte sich die Kommission aber mit öffentlichen Stellungnahmen zurück. Der 17-jährige Schüler wird in der Türkei beschuldigt, eine 13-jährige britische Schülerin sexuell misshandelt zu haben.

Klage vor dem Europäischen Gerichtshof

Wegen der wiederholten Vertagung des Prozesses gegen Marco W. in Antalya hat dessen Anwalt eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg angekündigt. Die deutsche Bundesregierung will dies möglicherweise unterstützen. Allerdings stelle sich die Frage nach einem Beitritt der deutschen Regierung zu einem Verfahren erst dann, wenn ein Antrag auf eine Rüge wegen Verletzung der Menschenrechte in Straßburg eingegangen sei, erläuterte die Sprecherin des deutschen Justizministeriums, Eva Schmierer.

Die nächste Verhandlung in Antalya ist für den 14. Dezember angesetzt. In der türkischen Öffentlichkeit wird vielfach gemahnt, in dem Fall dürfe die Staatsangehörigkeit des Angeklagten keine Rolle spielen. Die Studentin Cansu Uysalel sagte am Donnerstag in Ankara: "Andere Länder müssen sich da heraushalten. Das Urteil sollte nicht nach der Nationalität einer Person gefällt werden." Der 50-jährige Produzent Fide Özbay sagte, die Entscheidung liege allein bei den Richtern. Bei einem Schuldspruch müsse der Jugendliche bestraft werden. In einem umgekehrten Fall würde das in Deutschland auch nicht anders gesehen.