Wien - Durchwegs positiv sind die ersten Reaktionen auf das am Donnerstag präsentierte "Trafikantenpaket", auf das sich Finanzministerium und Trafikanten zum Schutz grenznaher Trafiken geeinigt haben. Applaus kam von den Koalitionspartnern SPÖ und ÖVP, auch Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl und Trafikanten-Obmann Peter Trinkl begrüßten die erzielte Einigung.

Das Paket soll Umsatzverluste für heimische Trafikanten in Grenzgebieten abfedern, weil die Einfuhrbegrenzung auf 25 Stück aus Slowenien, Tschechien, Slowakei und Ungarn schrittweise bis 2009 wegfällt. Die Trafikanten befürchten daraus massive Umsatzeinbußen. Das beschlossene Maßnahmenbündel besteht aus einem Aussetzen von Tabaksteuererhöhungen für zwei oder drei Jahre, der Erlaubnis zum Verkauf zusätzlicher Produkte, der Möglichkeit, in Trafiken entgeltlich für Tabak zu werben und der Einrichtung eines Solidaritätsfonds für Trafikanten aus Mitteln der um 10 Prozent erhöhten Handelsspanne.

"Paket der Vernunft"

Finanzminister Molterer (VÖVP) sprach von einem "Paket der Vernunft" und zeigte sich erfreut über das Absagen des angedrohten "Trafikanten-Streiks". Er habe Verständnis für die Diskussion der vergangenen Wochen, es gehe zum die wirtschaftliche Existenz von Familien, die flächendeckende Nahversorgung und den Gesundheitsschutz.

Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter (SPÖ) sprach von einem "guten Tag" für Österreichs Trafikanten. Der Bund verzichte durch das Einfrieren der variablen Tabaksteuer auf insgesamt 22 Mio. Euro. Die Anhebung der Trafikanten-Handelsspanne um 10 Prozent - von derzeit 14 auf dann 15,4 bzw. 16 Prozent - belaufe sich auf 35 Mio. Euro jährlich, in Summe rund 100 Mio. Euro. Dieses Geld komme über einen Solidaritätsbeitrag betroffenen Trafikanten zugute.

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl begrüßte die "gemeinsame konstruktive Zusammenarbeit" von Finanzministerium und Trafikanten. Die Maßnahmen dienten der langfristigen Absicherung des Berufsstandes. Er hob das Aussetzen der Erhöhung der Tabaksteuer besonders hervor.

Nahversorgung im ländlichen Raum

Der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband Österreich (SWV) erkennt in dem Paket seine Handschrift, obwohl seine Forderung nach einer Abschaffung des Mindestpreises für Zigaretten - 3,25 Euro je Packung - unerfüllt blieb. Die Forderungen nach Erhöhung der Handelsspanne, Einrichtung eines Solidaritätsfonds und Aufhebung des Verdienstverbots für Werbung in Trafiken und einer Senkung der Tabaksteuer seien in das Paket aufgenommen worden. Die Sammlung von 1.100 Trafikanten-Unterschriften habe den Forderungen Nachdruck verliehen, meint SWV-Vorsitzender und WKÖ-Vizepräsident Fritz Strobl.

ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll bezeichnete die Vereinbarung als wichtigen Schritt zur Aufrechterhaltung der Nahversorgung im ländlichen Raum. Von großer Bedeutung sei auch die Tatsache, dass der Gesundheitsschutz durch die Änderung der Kennzeichnungsbestimmungen weiter ausgebaut wird.

Das Paket helfe den Trafikanten "nachhaltig", erklärte Branchensprecher Peter Trinkl. Das per 1. Jänner 2008 in Kraft tretende Maßnahmenbündel umfasse langfristige und Sofort-Maßnahmen, dieser Mix helfe dem Berufsstand nachhaltig.

Bestätigt sieht sich durch das Paket der Trafikant und Welser SPÖ-Abgeordnete Franz Kirchgatterer, der bereits im März mit einer Anfrage an Finanzminister Molterer und mit der Plattform "Rettet die Trafik" auf das Problem aufmerksam gemacht habe. Dank dieser "guten Lösung" blieben heimische Tabaktrafiken im Wettbewerb mit den osteuropäischen Nachbarländern konkurrenzfähig. Mit seiner Aufklärungsarbeit habe Kirchgatterer die Branche sensibilisiert, meint auch SP-Finanzsprecher Jan Krainer.

Industrie-Kritik an "Bumerang" und "Danaergeschenk"

Kritisch fallen die Reaktionen aus der Tabakbranche aus. Der österreichische Marktführer, die mittlerweile zum Japan Tobacco-Konzern (JTI) gehörende Austria Tabak, spricht von einem "Pyrrhussieg", der zum "Bumerang" werden könnte. Denn das Anheben der Trafikantenspanne um 10 Prozent werde sich voraussichtlich in höheren Verkaufspreisen niederschlagen. Auch British American Tobacco (BAT) kritisiert das "Belastungspaket".

"Die Packungspreise müssen wohl um zirka 20 bis 30 Cent angehoben werden, um diese Erhöhung der Trafikantenspanne auszugleichen", sagte AT-Generaldirektor Stefan Fitz am Donnerstag. Nach ersten Kalkulationen müsste die Branche ihre Preise in dieser Dimension erhöhen, um nicht millionenschwere Verluste hinnehmen zu müssen, sagte Fitz.

British American Tobacco ortet einen politischen Kompromiss auf dem Rücken der Industrie und ein "Belastungspaket". Im komplexen und sensiblen Steuer- und Berechnungssystem der Tabakbranche könnten geringfügigste Änderungen gravierende Auswirkungen haben. Bei der detaillierten Ausarbeitung der angekündigten Maßnahmen sollte die Industrie einbezogen werden, um einer wirtschaftlich tragbare und nachhaltige Lösung zu erreichen. Sonst könnte sich das Paket als "Danaergeschenk" an Trafikanten und Konsumenten erweisen, meint BAT-Sprecherin Karin Holdhaus. (APA)