Brigitte Hinteregger: "Die meisten Politiker wird es nicht stören, wenn ich weg bin. Denen bin ich nur lästig."

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Graz - "Ich mache diese Arbeit sehr gerne, aber so geht es nicht mehr. Ich arbeite jede Nacht", stellt Brigitte Hinteregger, die unabhängige Frauenbeauftragte der Stadt Graz, im Standard-Gespräch klar. Ihr Vertrag endet im Dezember, verlängern will sie ihn unter den aktuellen Bedingungen nicht mehr. Hintereggers Job ist einzigartig und alltäglich zugleich: Einzigartig, weil sie als einzige Frauenbeauftragte im deutschsprachigen Raum einen überparteilichen Frauenrat im Rücken hat, der sich regelmäßig im Grazer Rathaus trifft und heuer 20 Jahre alt wurde. Alltäglich, weil Hintereggers Arbeit, die sie vor drei Jahren von Dani Jauk übernahm, unterbezahlt ist. Prekäreres Amt

Denn das Budget von 54.000 Euro im Jahr reicht gerade für die immer gefragter werdenden anonymen Beratungen, die Hinteregger und ihr dreiköpfiges Team leisten. In diesen Gesprächen geht sehr oft auch um Frauen, die in prekären Arbeitsverhältnissen oder aber nach Jahren der unbezahlten Arbeit in der Familie (Kindererziehung, Krankenpflege) durch Scheidung vor dem finanziellen Ruin stehen. Die Beratungen haben sich von 2004 bis 2005 verdoppelt, 2006 stiegen sie noch einmal um 42 Prozent an. Ein Zuwachs, der durch mehr Öffentlichkeitsarbeit möglich war - und die leistet Hinteregger in unbezahlten Überstunden: "Man muss wissen, dass es uns gibt!"

Von VP-Bürgermeister Siegfried Nagl habe es zuletzt definitiv geheißen, "dass mehr Stunden nicht bezahlt werden, obwohl wir uns in der Beratung zu dritt 26 Stunden teilen". Hinteregger ist Beauftragte für 130.212 Grazerinnen. Der Bedarf nach Rechtsberatung oder Hilfe bei Diskriminierungen werde wachsen, glaubt die 40-jährige diplomierte psychiatrische Krankenschwester und Gestaltpädagogin: "Der Großteil der Frauen ist zwischen 40 und 60. Viele fühlen sich bei Ämtern nicht ernst genommen". Besonders der noch immer geltende Passus der Regressforderungen sei "ein Wahnsinn": Frauen, die um Sozialhilfe ansuchen, werde gedroht, dass man das Geld von ihren Kindern zurückfordern könne. "Viele verschreckt das, obwohl sie Anspruch hätten".

Doch das Gehalt letzterer, die im Gegensatz zu den Frauenbeauftragten der Länder nicht in einem politischen Büro sitzt, wurde seit 22 Jahren, als Grete Schurz als erste Österreichs das Amt antrat, nicht erhöht. Nach einer Veranstaltung, wo Hinteregger am Mittwoch Fragen an alle Grazer Spitzenkandidaten stellte, schöpft sie wenig Hoffnung. Unterstützung käme nur von den Grünen und der KPÖ. Es fehlen auch politische Maßnahmen wie "Sanktionen für Betriebe, die diskriminieren".

Für diesen Samstag hat Hinteregger ein Lichtermeer gegen Gewalt an Frauen und Kindern organisiert, das sich ab 16.00 Uhr vom Hauptbahnhof zum Hauptplatz bewegen wird: Eine Aktion von vielen, die in Überstunden erarbeitet wurde. (Colette M. Schmidt/DER STANDARD, Printausgabe, 23.11.2007)