Bild nicht mehr verfügbar.

Irans neuer Unterhändler, Said Jalili, will zu seinem Treffen mit der EU eine "neue Idee" mitbringen. Einstweilen steckt alles fest.

Foto: EPA/Taherkenareh
Da gibt es einige, die sähen ganz gerne nicht nur den Iran auf der Anklagebank, sondern auch gleich den Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), Mohamed ElBaradei, dazu. Nicht nur, weil der jüngste IAEO-Bericht zum Iran à la "Glas halb voll, Glas halb leer" ausgefallen ist, sondern prinzipiell, aus Verärgerung über den Weg, den die IAEO nun mit dem Iran geht. Und es ist ja in der Tat so: Seit sich ElBaradei mit Teheran auf einen "Arbeitsplan" geeinigt hat, der die offenen Fragen zur Geschichte des iranischen Atomprogramms klären soll - und der offenbar funktioniert -, gibt es sozusagen wieder eine starke Parallelveranstaltung zu der, die im UNO-Sicherheitsrat läuft, nämlich Urananreicherungsstopp gegen Sanktionen und sonst nichts.

Der Deal behindert den Sanktionsprozess, der argumentativ plötzlich wieder auf seine Ursprungsfrage zurückgeworfen wird: Ist das iranische Urananreicherungsprogramm selbst das Problem für die internationale Gemeinschaft oder die ungeklärten Fragen zu dessen Geschichte, die Zweifel über die iranischen Absichten zulassen? Wenn Teheran transparent genug ist, darf es anreichern (was ja in der Tat im Atomwaffensperrvertrag nicht verboten ist)?

Wie das Teheran selbst sieht, liegt auf der Hand (siehe Bericht rechts), es sieht den Grund für die Suspensionsforderung und für die Sanktionen verschwunden. Ebenfalls klar ist, dass die USA und ihre europäischen Partner, die weiter auf einen Anreicherungsstopp als Voraussetzung allein für die Wiederaufnahme der Gespräche beharren, über die IAEO-Argumentationshilfe für den Iran nicht erfreut sind, auch wenn er sich diese durch die Preisgabe von "Staatsgeheimnissen" (siehe Interview unten) selbst erarbeitet hat.

Unterschiedlich bewertet, auch unter Personen, die den IAEO-Iran-Arbeitsplan voll unterstützen, wird ElBaradeis Aussage in einem Interview, dass der Iran, wenn er denn plane, eine Waffe zu bauen, drei bis acht Jahre davon entfernt sei: Ist das nun noch ein technisches Urteil, wie sie dem internationalen "nuklearen Wachhund" zusteht, oder ist das eine politische Aussage? Die Kritik an ElBaradei - Stimmen aus Israel verlangen sogar seinen Rücktritt - hat im Vorfeld der Gouverneursratssitzung vom Donnerstag die G-77-Staaten veranlasst, den Friedensnobelpreisträger und seine ebenfalls ausgezeichnete "Agency" in Schutz zu nehmen. Andere werfen ihm aber gerade das vor: Er geriere sich heute vor allem als Friedensguru und nicht als Chef einer technischen Agentur.

Die Konsortiumsidee

Wie es wirklich praktisch weitergehen soll im Fall Iran, weiß niemand. Die Positionen scheinen unverrückbar, es bleibt beim "alles oder nichts" des Westens und beim "Ende der Debatte" des Iran. Die Bemerkung von Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad von vor wenigen Tagen, dass man ja vielleicht die Anreicherung des Urans für die gesamte Golfregion zusammenlegen und auslagern könnte, steht schwer einordenbar in der Luft. Tatsächlich hat Teheran ja schon mehrmals gesagt, die Idee eines internationalen Konsortiums zur Urananreicherung akzeptieren zu können - allerdings auf iranischem Boden. Ob sich diese Position geändert hat in dem Sinn, dass die Anreicherung des iranischen Urans nun auch außerhalb der Islamischen Republik stattfinden könnte (etwa in der Schweiz, die sich wieder als möglicher Vermittler ins Spiel bringt), und ob eine Diskussion darüber auch nur die erste Phase überstehen würde, ist schwer zu sagen. Aber probieren könnte man es. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 23.11.2007)