Ein Jahr später sind die, die sich nüchtern mit der Causa beschäftigen, so klug als wie zuvor: "Ich verstehe nicht, was vor sich ging: wer Litwinenko getötet hat; wer Andrej Lugowoj ist; wer Litwinenko in Wahrheit war", sagt einer der besten politischen Kommentatoren Russlands, Fjodor Lukjanow, zum Standard: "Was ich über Litwinenko gehört habe, ruft keine Sympathien hervor. Auch Moskaus Reaktion war verwunderlich, man hätte maximal mit den Ermittlern kooperieren müssen."
Die britische Justiz führt Andrej Lugowoj als Hauptverdächtigen. Dieser und sein Ex-Geheimdienstkollege Dmitri Kowtun hätten am 1. November im Millennium-Hotel das Gift in Litwinenkos Tee geschüttet. Russland verweigert die Auslieferung Lugowojs und lässt ihn gar zu den Parlamentswahlen antreten.
Die Lücken in den Ermittlungen werden von den Medien geschlossen. Die britischen sehen den Kreml oder rachsüchtige Geheimdienstler als Auftraggeber. Litwinenko, russischer Ex-Geheimagent, hat sich vor Jahren nach London abgesetzt und auf die Seite von Putins Erzfeind Boris Beresowski geschlagen. Lugowoj und die Moskauer Medien verdächtigen diesen, mit dem Mord den Kreml diskreditieren zu wollen.