Zur Person
Darina Malová unterrichtet Politik an der Comenius-Universität in Bratislava, der größten slowakischen Hochschule. Zu ihren Fachgebieten zählen slowakische Politik, der EU-Erweiterungsprozess und die politischen Systeme Osteuropas.

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Viele Subventionen, wenig Transparenz:_Die Verwaltung der Landwirtschaft in den osteuropäischen Staaten zieht Korruption geradezu an, sagt die slowakische Politologin Darina Malová im Gespräch mit András Szigetvari.

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STANDARD: Die slowakische Regierung ist wegen eines Korruptionsfalls im Landwirtschaftsministerium heillos zerstritten. Der Zerfall der polnischen Regierung begann auch mit einer Korruptionsaffäre im Agrarressort. Haben die neuen EU-Mitgliedstaaten ein Managementproblem in der Landwirtschaft?

Malová: Als Managementproblem würde ich das nicht bezeichnen. Die Bauern waren in allen osteuropäischen Staaten die Verlierer der Wirtschaftsreformen. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus wurden die Märkte für billige Produkte aus dem Ausland geöffnet. Darunter litten die Bauern in der Slowakei genauso wie in Tschechien, Ungarn und Polen. Die Agrarsubventionen der EU, die Abhilfe schaffen sollen, sind eine heikle Angelegenheit. Die Systeme sind meistens nicht transparent. Und die Regierungen und die Landwirtschaftsminister bevorzugen bei Förderungen meistens ihre eigene Klientel und ihre eigenen Parteimitglieder.

STANDARD: Der aktuelle Fall in der Slowakei hat aber keinen Bezug zu EU-Förderungen.

Malová: Nein. So einen Skandal hatten wir im vergangen Jahr, als ein Staatssekretär zurücktreten musste, weil ihm nahe stehende Unternehmen zu viel an EU-Gelder kassiert haben. Was in Tschechien und der Slowakei aber hinzukommt sind die Restitutionen. Im Gegensatz zu Polen wurde in Tschechien und der Slowakei das Land der Bauern großteils verstaatlicht. Die nun stattfindende Landreform, bei der es darum geht die Kinder und die Enkel der ursprünglichen Landeigentümer zu entschädigen, schafft neue Probleme. Und die Landwirtschaft gilt wegen der Förderungen und Reformen als sehr profitabel, weshalb der Sektor viele Privatfirmen anzieht. Das hat ja auch den aktuellen Skandal ausgelöst.

STANDARD: Fico hat im Juli 2006 eine Koalition mit der rechtsextremen Slowakischen Nationalpartei von Ján Slota und der HZDS von Vladímir Meciar, der als slowakischer Premier Opposition und Journalisten gängelte, gebildet. Bekommt Fico jetzt die Rechnung dafür präsentiert, dass er sich mit den beiden eingelassen hat?

Malová: Die damalige Entscheidung Ficos war insofern logisch, als die Wähler der drei Regierungsparteien eine sehr ähnliche Gruppe darstellen. Die Menschen, die für einen der drei Parteien gestimmt haben, zählen zu den Verlierern der Wirtschaftsreformen. Und sie haben eine stärker ausgeprägte nationale Identität. Der aktuelle Fall ist das Ergebnis des Streits zwischen drei Parteiführern mit drei starken Egos, die ihre eigenen Interessen verfolgen.

STANDARD: Warum riskiert Fico seine Koalition? Er hätte den Landwirtschaftsminister von der HZDS ja auch verteidigen und damit den Streit in der Koalition fix vermeiden können.

Malová: Ja, hätte er. Aber wenn er clever genug ist, könnte er die ganze Schlacht gewinnen, indem er den Parlamentsklub der Meèiar-Partei spaltet. Er könnte also einen Teil der Abgeordneten von Meciar gewinnen, dadurch seine Koalition retten und Meciar gleichzeitig schwächen. Das wäre ein großer Sieg für Fico. Das ist jetzt das Spiel, das er spielt. (András Szigetvari/DER STANDARD, Printausgabe, 24./25.11.2007)