Ozeanografen versenken eine von 3.000 Messbojen, die in 1500 Meter Tiefe Daten über die Meere sammeln.

Foto: Argo/Kara Lavendar
Die Wissenschaft verspricht sich davon einen gewaltigen Schub für die Erforschung der Ozeane und des Klimawandels.

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Hamburg – Mehr als 70 Prozent der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt, doch außer durch sporadische Messungen von Schiffen aus wusste man bisher wenig über das Geschehen in den Ozeanen. Auch Satelliten können lediglich ihre Oberfläche registrieren. Das Projekt Argo wird das nun ändern. In diesen Tagen haben Wissenschafter die vorerst letzte von 3000 selbstständig operierenden Roboter-Messbojen ausgebracht. Sie bilden das Argo-Überwachungsnetz. Von den arktischen Meeren bis in tropische Gewässer – die kontinuierlichen Messungen der Treibsonden erlauben erstmals genaue Einblicke in die bislang kaum zu ergründenden Weiten der Meere.

Die Bojen des Argo-Projektes treiben im Abstand von etwa 300 Kilometern über die Meere. Sieben Jahre hat es gedauert, um alle Geräte von Schiffen aus auszulegen. Aber obwohl das Überwachungsnetz erst jetzt seinen vollständigen Ausbau erreicht hat, haben die Sonden bereits reichlich ozeanografische Daten geliefert – mehr, als zuvor jemals erhoben worden sind, wie Olaf Boebel vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven (AWI) sagt.

In 1500 Meter Tiefe

Die zylinderförmigen Bojen sind etwa zwei Meter hoch und folgen 1500 Meter unter dem Meeresspiegel der Strömung. In dieser Tiefe ist die Strömung deutlich schwächer als an der Oberfläche, sodass die Sonden gut übers Meer verteilt bleiben. Alle neun Tage tauchen die batteriebetriebenen Bojen auf. Zum Aufstieg nutzen sie eine Schwimmblase. Damit sich diese gegen den Druck von 150 Atmosphären wölben kann, wird Öl in die Blase gepumpt. Während des Aufstiegs messen die Bojen die Eigenschaften des Meerwassers: Temperatur, Druck sowie Salz- und Sauerstoffgehalt.

Nach dem Auftauchen senden sie ihre Daten per Satellit an Forschungsstationen und ins Internet, wo sie jeder abrufen kann. Insbesondere Meeresanrainer-Staaten, die kein Geld für Schiffsexpeditionen haben, freuten sich über die neuen Daten. In Südafrika etwa werten Forschergruppen derzeit die Messungen vor der Küste ihres Landes aus. Sie hoffen herauszufinden, welche Änderungen im Meer zu Regenfällen an Land führen.

Weltweit würden die Wetter- und Klimaprognosen von den Argo-Bojen profitieren, sagt Jürgen Fischer vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Uni Kiel. Insbesondere langfristige Änderungen in den Ozeanen sollen damit besser erfasst werden. Bislang war das Messnetz so dünn, dass selbst Temperaturänderungen nur sehr ungenau bestimmt werden konnten. Vermutlich seien deshalb oft zu hohe Temperaturen gemessen worden, weil Schiffe eher in warmen Regionen kreuzten, sagt Boebel.

Die Bojen aber können sogar in der Arktis messen. "Sie registrieren das Meereis an der Oberfläche und tauchen erst auf, wenn sie an eine eisfreie Stelle kommen", sagt Boebel. Während der gesamten Tauchphase sammeln sie Daten. Etwa vier Jahre reichen die Batterien, danach bleibt die Sonde im Ozean verschollen.

Um das Argo-Netz zu erhalten, müssen deshalb 800 Bojen pro Jahr ersetzt werden – für 22.000 Euro das Stück. Die jährlichen Unterhaltskosten des Projektes von rund 17 Millionen Euro teilen sich nach Angaben des IFM-Geomar insgesamt 30 Nationen und die Europäische Union. (Axel Bojanowski/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25. 11. 2007)