Nach Robert L. Stevensons Vorlage: "Die Schatzinsel" mit Tobias Moretti und François Goeske im ORF.

Foto:ORF/Gordon Mühle/ProSieben

Moretti als Long John Silver.

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Gedreht wurde in Thailand.

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Mit funkelnden Augen und stumpfem Holzbein humpelt Tobias Moretti als Long John Silver ab Montag zur "Die Schatzinsel". Warum er Lust auf Abenteuer hatte und auch Timbuktu als Drehort durchgegangen wäre, erfragte Doris Priesching per E-Mail.

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STANDARD: Mit der Schatzinsel verbunden sind für gewöhnlich Kindheitserinnerungen. Welche haben Sie? Meine sind ja eher akustischer Natur: Ich höre Long John Silvers pochendes Holzbein am Schiffsboden der Hispaniola.

Moretti: Meine auch. Wie froh war ich, die Mühsal des Lesens mit der Sprechplatte zu würzen, von da an sind diese akustischen Erinnerungen ebenso in meinem Ohr geblieben.

STANDARD: Es gibt bereits einige Verfilmungen der "Schatzinsel". Haben Sie Orson Welles' Long John Silver studiert?

Moretti: Welles hat die "Schatzinsel" nie fertiggedreht. Daher habe ich kein Material darüber bekommen. Überhaupt schau' ich mir in den seltensten Fällen, wenn es um historische Figuren geht, vorher andere Darstellungen an. Das muss man in jedem Fall mit seiner eigenen Fantasie füllen. In diesem Fall war der erste Eindruck der entscheidende. Das, was mich als Kind an Silver fasziniert hat, war die Vorlage.

STANDARD: Zuletzt waren Sie mehrheitlich in den hohen Sphären der Fernsehunterhaltung, etwa als Heinrich Breloers Adolf Hitler zu sehen. Hatten Sie Lust auf ein bodenständiges Abenteuer?

Moretti: Ja! Sowohl für die Figur als auch für das Drumherum gab's kein Zögern.

STANDARD: Wie sehr beeinflusste der Drehort Thailand Ihre Entscheidung?

Moretti: Gar nicht, ich hätte es auch in Timbuktu gedreht. Wichtig waren die Piratenbesetzung und dass es nicht in einem Studio halbweich visualisiert werden sollte.

STANDARD: Der Dreh selbst stellte sich dann als strapaziös heraus. Wussten Sie, worauf Sie sich da einlassen?

Moretti: Das mag wohl für manche Setbesucher so gewirkt haben. Es war nicht unanstrengend, aber letztendlich war es genau das Ambiente, das die Geschichte braucht. Hitze, Schweiß, Dreck, physische Anstrengung und immer wachen Auges, wohin man grade tritt und was über einem so hängt, dies war der Sache eher dienlich als umgekehrt. Die Strapazen werden vom filmischen Drumherum auch oft überinterpretiert. Dabei riskiert jeder Journalist in einem Krisengebiet ja viel, viel mehr.

STANDARD: Filmschaffende wie Harald Sicheritz, Marianne Mendt, Götz Spielmann oder Roland Düringer beklagen mangelnde ORF-Aufträge. Kümmert sich der ORF tatsächlich um den heimischen Film zu wenig?

Moretti: Der ORF macht im Vergleich zu anderen Ländern in Europa eine gute Arbeit. Nun haben sie sich dieses Jahr durch ihre Neudefinition erst mal ein Ei gelegt, jetzt geht es darum, das nötige Selbstbewusstsein zu behalten und ja nicht durch das marktwirtschafliche Glattbügeln die Eigenart des Senders zu verlieren. Dazu gehört nun mal, dass der ORF sich an Kinofilmen wie an hochstehenden Fernsehprojekten beteiligt. Sonst verliert er das eigene Profil und geht unter im Mittelmaß des europäischen Fernsehmarktes. Von deutschen und internationalen Produzenten hört man immer wieder, dass hier Filme mit skurrilem Eigensinn und besonderer Radikalität, auch im Humor, gemacht werden. Das muss neben der Breite von Quizshows und Hansi-Hinterseer-Filmen auch funktionieren, sonst sind wir tot. (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 24./25.11.2007)