Ferdinandsquelle in Marienbad.

Foto: Marienbad

Mühlenkolonnade in Karlsbad.

foto: Stadt Karlsbad
Karlsbad, Marienbad und Franzensbad haben ihren Aufschwung vor allem der Schnabeltasse zu verdanken. Die nicht immer wohlschmeckenden Mineralwässer einer Trinkkur stellen zwar noch einen wichtigen Bestandteil der Kuren in der tschechischen Republik dar, doch die richtige Temperierung anderer Substanzen scheint die böhmischen Kurorte mittlerweile mehr zu beschäftigen.

Mindestens zehnmal, so erläutert die Karlsbader Ärztin Stanislava Maulenová, müssten die Patienten drei Minuten lang dem gasförmigen Stickstoff ausgesetzt werden, der minus 160 Grad Celsius kalt ist. Erst dann seien die Effekte der Kyrotherapie tatsächlich dauerhaft. Die Kälteschock-Therapie hilft gegen Schmerzen und Entzündungen, verbessert aber auch die Muskeldurchblutung. "Mit dieser Therapie können auch Schlafstörungen und depressive Zustände behandelt werden. Sportler setzen darauf, weil sie dadurch die Kondition verbessern können", so Maulenová.

Während die im Jahr 1980 in Japan entwickelte Kältetherapie auch andernorts eingesetzt wird, können die Kuranlagen in Jáchymov, also Joachimsthal, mit einer Therapie aufwarten, die von dem kleinen Bergbaustädtchen aus ihren Siegeszug um die Welt antrat. Wenngleich sie bis heute umstritten ist: Joachimsthal setzt auf Behandlung durch radonhaltiges Wasser, das zum Großteil aus einem aufgelassenen Uranbergwerk stammt. Die Quellen, denen es entnommen wird, liegen in 800 Meter Tiefe. Deshalb beschäftigt das Heilbad Jáchymov eben auch Bergleute wie den 56-jährigen Jirí Pihera. Im Bergwerk "Eintracht" überwacht er die Förderung des radonhaltigen Wasser, von dem im ersten "Radium-Spa" der Welt jeden Tag 500.000 Liter gebraucht werden.

Verjüngungskuren

Joachimsthal ist ein verschlafenes Städtchen, an dem das Facelifting, das in Franzensbad, Marienbad und Karlsbad in den letzten fünfzehn Jahren durchgeführt wurde, noch weitgehend vorbeigegangen ist. Dabei war Joachimsthal im 16. Jahrhundert die zweitwichtigste Stadt im Königreich Böhmen. Das lag an umfangreichen Silbervorkommen, die zwischen 1519 und 1528 entdeckt wurden - und die dazu führten, dass die Stadt das Münzprägerecht verliehen bekam. "Joachimsthaler Guldengroschen" hießen diese Münzen zuerst, später kürzte man das Wort ab und nannte sie "Taler". Ein Name, der den Auswanderern in Amerika in Erinnerung blieb: Abgeleitet vom Joachimsthaler nannten sie ihre Währung den "Dollar."

1716 wurde in Joachimsthal eine Bergbauschule gegründet, damals die erste weltweit. Und als 1898 das Wissenschafter-Ehepaar Marie und Pierre Curie die Elemente Polonium und Radium isolierte und dabei die Radioaktivität entdeckte, stammte das dabei verwendete Gestein aus Joachimsthal. Kein Wunder, dass die Kureinrichtungen hier heute noch Namen tragen wie "Kursanatorium Curie" oder "Radium Palace".

Schwache radioaktive Strahlung als belebendes Element war vor allem in den 1920er- und 30er-Jahren ein medizinischer Trend. Selbst Radium-Butter, Radium-Bier, Radium-Zigaretten und Radium-Kondome, Radium-Schuhcreme und Radium-Wasserzwieback wurden feilgeboten. Allein auf die Behandlung durch Alpha-Strahlung will man sich in Joachimsthal jedoch nicht mehr verlassen: Längst können auch Wellness-Pakete gebucht werden, die Bäder in Sekt und Thai-Massagen ebenso umfassen wie Massagen mit heißen Steinen und Kohlensäure-Bäder.

Wieder stille Wasser

Weniger spektakulär als die Heilquelle im Uranbergwerk ist das Angebot in Franzensbad, einem traditionsreichen Badeort nahe der tschechisch-deutschen Grenze. Das Wasser der heutigen Franzensquelle wurde schon seit Anfang des 15. Jahrhunderts zu Heilzwecken genutzt, damals gehörte Franzensbad zu Eger. Als Franzensbad das Wasser selbst nutzen wollte und der Arzt Bernhard Adler 1791 einen hölzernen Pavillon über der Quelle errichtete, rückten die Egerer Wasserfrauen mit Kochlöffeln und Schürhaken an, um den Pavillon wieder einzureißen. Heute geht es in Franzensbad, wo einst auch Goethe und Beethoven zur Kur weilten, wesentlich ruhiger zu. Der 5000-Einwohner-Ort, der für seine Moorbäder bekannt ist, ist kleiner und weniger hektisch als Marienbad und Karlsbad, und deshalb für Erholungssuchende ideal. Aber natürlich setzt man auch hier nicht nur auf den Heilbetrieb, sondern auch auf Wellness- und Schönheitsangebote. Lohnenswert ist jedenfalls ein Besuch des 2005 eröffneten Aquaforums, einer Wasser- und Entspannungswelt mit drei Innen- und drei Außenbecken und zahlreichen Wasserattraktionen.

45 Kilometer von Franzensbad entfernt, in Chodová Planá, hat Kamil Chvojka eine ganz eigenes Wellness- und Heilangebot komponiert - das Bierbad. Das 20-minütige Bad in einer Aluminiumwanne, in die 34 Grad warmes, frisch gebrautes Schwarzbier eingelassen wird, ist keineswegs nur ein Gag, sondern soll dank der Bierhefe sogar verjüngende Wirkung besitzen. Außerdem macht das Bier, dem Heilkräuter zugefügt werden, verstopfte Poren frei und entfernt Schadstoffe aus der Haut.

All diese segensreichen Wirkungen hat sich Braumeister Kamil Chvojka von Dr. Roman Vokaty, einem Spezialisten für Bäderkunde, schriftlich bescheinigen lassen. Dass viele seiner Gäste im Bier nicht nur baden wollen, sondern es auch kosten, kalkuliert Chvojka ein. "Für die Erhöhung der Wirkung und Hebung des Entspannungserlebnisses", versichert schließlich der Experte Roman Vokaty, "wird ein Glas des nicht pasteurisierten Lagerbiers empfohlen." Kamil Chvojka stellt das Bierglas gleich neben die Wanne - und zwar nicht lauwarm, sondern gekühlt. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für diese Behandlung bislang noch nicht. Und das, obwohl Dr. Vokaty versichert, dass die Prozedur die Abwehrkraft des Körpers "nachweislich verbessert". (Florian Flieger/DER STANDARD/Printausgabe/24./25.11.2007)