Beirut - Im Libanon herrschte am Samstag nach Ende der
Amtszeit von Präsident Emile Lahoud und der gescheiterten Wahl eines
Nachfolgers angespannte Ruhe. Die Geschäfte in der Hauptstadt Beirut
waren geöffnet. Die Menschen gingen ihren alltäglichen
Beschäftigungen nach. Allerdings waren Hunderte von Soldaten mit
Panzern am Parlamentsgebäude und auf den wichtigsten Einfallstraßen
der Hauptstadt präsent.
"Wir arbeiten normal, aber wir sind besorgt, was die nächsten Tage
bringen", sagte ein Geschäftsbesitzer angesichts des politischen
Machtvakuums. Bereits an den Vortagen hatten viele Libanesen
Lebensmittel aus Furcht gehortet, die politische Krise könnte in
Gewalt umschlagen.
Konsenskandidat gesucht
Der antisyrische Regierungschef Fouad Siniora traf unterdessen mit
dem Oberhaupt der maronitischen Kirche, Kardinal Nasrallah Sfeir,
zusammen. Siniora bekräftigte anschließend, es werde mit Nachdruck
daran gearbeitet, einen Konsenskandidaten für der höchste Staatsamt
zu finden. Nach der Verfassung des Libanon, der unter starkem
Einfluss seinen großen Nachbarlandes Syrien steht, muss der Präsident
ein maronitischer Christ sein.
Der bisherige prosyrische Präsident Lahoud war nach Ablauf seiner
Amtszeit am Freitag um Mitternacht in Beirut mit militärischen Ehren
verabschiedet worden. Wenige Stunden zuvor hatte Lahoud erklärt, nun
sei die Armee für die Sicherheit im Land verantwortlich. Im Laufe des
Tages hatte sich die seit Monaten andauernde Krise dramatisch
zugespitzt. Zu Mittag war zum fünften Mal binnen weniger Wochen die
Wahl eines neuen Präsidenten gescheitert. Die antisyrische Fraktion
von Ministerpräsident Siniora und die prosyrische Opposition hatten
sich nicht auf einen Kompromisskandidaten einigen können. Die Wahl
eines neuen Präsidenten soll nun am kommenden Freitag sein. (APA/Reuters)