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Auch mit der Hoffnung auf Frieden lässt sich Geld verdienen: Ein palästinensischer Geschäftsmann in Gaza verkauft Souvenirs zur Nahost-Konferenz in Annapolis.

Foto: REUTERS/Suhaib Salem

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Unter den angebotenen Stücken: Friedenskonferenz-Tassen.

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Nach Jahren des Stillstands soll die Nahost-Konferenz in den USA am Dienstag einen neuen Anstoß für den Friedensprozess geben. Als Erfolg für Washington gilt die Zusage vieler arabischer Staaten. Beobachter warnen vor einem Scheitern.

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„Theatervorstellung ohne Theaterstück“ und „Totgeburt“ – das waren zwei der vielen herablassenden Vergleiche von israelischen und palästinensischen Kommentatoren für die bevorstehende Nahost-Konferenz von Annapolis. Wegen der Schwierigkeiten bei der Vorbereitung und des Ausbleibens jedweder Aufbruchstimmung hat sich der Eindruck verstärkt, dass die pompöse Zusammenkunft nur deswegen stattfinden muss, weil George W. Bush sie im Juli für den Herbst angekündigt hatte.

Der US-Präsident kann es aber als Erfolg verbuchen, dass Saudi-Arabien, der Libanon und andere arabische Staaten sich in letzter Minute doch dazu durchgerungen haben, durch ihre Teilnahme an der Konferenz im US-Bundesstaat Maryland ein Zeichen zu setzen. Sogar die Syrer teilten am Sonntag mit, dass sie ihren Vize-Außenminister entsenden, weil ihrem Wunsch entsprochen wurde, auch die Frage der Golan-Höhen zu behandeln. Zumindest formal kommt nach sieben Jahren völligen Stillstands doch wieder etwas in Gang, das wie ein Friedensprozess aussieht.

Das ist auch daran zu erkennen, dass die beiden Hauptdarsteller Ehud Olmert und Mahmud Abbas jene Verrenkungen machen, die mit Verhandlungen über fundamentale nationale Interessen einhergehen. Der israelische Premier und der Palästinenserpräsident, die in einer langen Reihe von diskreten Treffen über die vergangenen Monate eine Art Partnerschaft entwickelt haben, preisen Annapolis unisono als wichtigen Meilenstein an, müssen aber im gleichen Atemzug dem besorgten Publikum daheim versichern, dass noch keinerlei bindende Konzessionen gemacht wurden.

„Das Treffen in Annapolis kann schon deswegen gar nicht scheitern, weil sein bloßes Zustandekommen ein Erfolg ist“, sagte Olmert nach einem Gespräch mit Ägyptens Präsident Hosni Mubarak – eine spitzfindige Formel, die Optimismus versprühen soll, aber eigentlich das Eingeständnis ist, dass nichts Konkretes zu erwarten ist. Abbas seinerseits hatte noch im Oktober forsch mitgeteilt, dass er für eine Konferenz nicht zu haben sei, wenn dabei bloß eine unscharfe „allgemeine Erklärung“ herauskommen würde. „Die Erklärung muss sich mit den sechs grundsätzlichen Fragen befassen: Jerusalem, Flüchtlinge, Grenzen, Siedlungen, Wasser, Sicherheit“, hatte Abbas verlangt.

Getrennte Statements

Ein gemeinsames Dokument, das die Lösung der Kernfragen skizziert, konnte bis zur Abreise der Delegationen nicht formuliert werden. Vermutlich werden in Annapolis nur getrennte Statements zu hören sein. Das Gemeinsame wird in der feierlichen Ankündigung bestehen, dass mit dem Segen der rund 40 vertretenen Staaten und Organisationen intensive Verhandlungen beginnen, die zu einem Palästinenserstaat und zum Ende des Konflikts führen sollen.

Untätigkeit, so rechtfertigt Olmert seine Teilnahme, würde „zu Ergebnissen führen, die weit schlimmer wären als eine gescheiterte Konferenz, zur Übernahme der West Bank durch die Hamas oder sogar zum Untergang der moderaten Palästinenser.“ Umgekehrt sieht es Jossi Beilin, der israelische Linkspolitiker, der im Oslo-Prozess federführend war. „Der Preis eines Scheiterns wäre gewaltig“, warnt er. Deshalb hat Beilin, der immer wieder einen neuen Dialog mit den Palästinensern eingemahnt hatte, jetzt paradoxerweise empfohlen, die Konferenz zu verschieben und „die bilateralen Verhandlungen in der Region fortzusetzen, bis es einen Durchbruch gibt“.

In tieferschürfenden Analysen heißt es, dass es eigentlich um eine viel größere regionale Konfrontation gehe. Annapolis könnte der Anfang einer US-israelisch-arabischen Allianz gegen die Achse Teheran–Hamas–Hisbollah und die iranische Atombombe sein. (Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 26. November 2007)