Mann, geht mir Amerika auf die Lederhose! Der kanadische Songwriter Rufus Wainwright lehrte die ÖVP das Fürchten. Das geht bekanntlich leicht.

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Wien - Im vollen Saal der Arena stand am Freitag Rufus Wainwright allein auf der Bühne, tauschte hin und wieder eine Gitarre gegen eine andere - oder drückte die Tasten eines schwarzen Flügels. Dazu erzählte er Schnurren über Mozart-Erscheinungen, und wie ihm der Amadeus dann wegen dieser Anmaßung gleich eine über den Scheitel zog. Eh super, witzig sowieso und grundsympathisch, wie der sehr offen schwule Sänger in seinen, in Zell am See handgefertigten kurzen Krachledernen, also quasi als Gottseibeiuns der ÖVP, mit divaesken Gesten sein Publikum charmierte, alten Bekannten Lieder widmete oder seinem Boyfriend Liebesgeständnisse machte.

Aber wo bitte waren die Harfen? Die Streicher? Der ganze Pomp, das volle Tatü und Tata? All der liebevolle Firlefanz, der die Alben des Kanadiers so üppig und wolllüstig macht?

Nicht da.

Und das war schade, denn auch wenn die Rufus-Welt ohne den ganzen Schnickschnack funktioniert, der sich stellenweise anhört wie der nie geschriebene Soundtrack zu James Bidgoods Schwulen-Klassiker Pink Narcissus, hätte man den Sohn des Folksängers Loudon Wainwright III. gerne einmal in voller Opulenz erlebt.

Der Gay Messiah, wie er wegen eines seiner so titulierten Songs gerne und fälschlicherweise genannt wird, schmachtete sich also solo durch sein Gesamtwerk - natürlich mit Schwerpunktsetzung auf sein aktuelles Album Release The Stars (Universal), das der Opern- und Europafreund ziemlich cinemascopisch aufgestellt hat.

Etwa Going To A Town, in dem er mit in einer Mischung aus Ekel und Langeweile "I'm so tired of America" gesteht, was vor europäischem Publikum immer eine sichere Bank ist und also entsprechend gut gefiel. Wien hieß er schließlich noch eine Witzstadt, dafür dürfen wir uns bei Föhnfrisur André Rieu bedanken. Der ist zwar kein Wiener, verkauft aber bekanntlich Wiener Klischees. Lieb und bezaubernd, der Rufus, trotzdem schade ums fehlende Volumen. (flu, DER STANDARD/Printausgabe, 26.11.2007)