Wien - Drei Konzerte, Musik aus vier Jahrhunderten, zwei Opernaufführungen - die 48 Stunden von Freitag bis Sonntag waren auch für philharmonische Begriffe intensiv.

Der abendliche Operndienst ist Alltag. Das Konzert bei Wien Modern unter Jonathan Nott mit Musik des 20. und 21. Jahrhunderts hinterließ hingegen den Eindruck des Ungewohnten. Optisch - etliche Substituten verstärkten die Philharmoniker im großen Konzerthaussaal - wie akustisch.

In Luciano Berios fünfsätziger Sinfonia vermittelten Orchester und Vokalensemble Nova die vom Komponisten geforderte "Erfahrung des Nicht-vollständig-Hörbaren". Im zentralen dritten Satz fügten sich einzelne verständliche Textbrocken und rhythmische Impulse zum Klangspiel mit humorvoller Note. Vollkommenheit gelingt Berio aber gerade dort, wo er großen Vorgängern - etwa Mahler, Ravel oder auch Strauss - zitierend den Vortritt lässt.

Georg Friedrich Haas verwischt mit seiner "Liebe zur Unschärfe" im Cellokonzert Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Zwar waren Truls Mørks Qualitäten als Cellist besonders in der ersten Kadenz präsent, aber Nuancen, musikalischer Verlauf gar oder interpretatorische Eigenheit ließen sich im Dickicht des mikrotonalen und dynamischen Konglomerats kaum ausnehmen.

Transparenz kehrte bei Witold Lutoslawskis Konzert für Orchester wieder ein. Dadurch trat aber auch manche ungewollte "Unschärfe" - besonders in den Primgeigen - zutage. Für ästhetischen Genuss, mag er auch verpönt sein, blieb dennoch Platz.

An den Beginn des 19. Jahrhunderts führte der Zeitsprung in der Sonntagsmatinee. Riccardo Muti hatte mit Philharmonikern - in ihrem kirchenmusikalischen Aufgabenbereich als Wiener Hofmusikkapelle - Werke von Luigi Cherubini und Joseph Haydn gegenübergestellt.

Im Jahr 1805 tauchte in Paris das Gerücht auf, Haydn sei gestorben. Eilig komponierte Cherubini die Trauerkantate Chant sur la Mort de Joseph Haydn für ein Gedächtniskonzert. Der erfreuliche Irrtum war bald aufgeklärt, Haydn bedankte sich humorvoll für die Ehre, die Kantate blieb natürlich ungespielt. Erst 1810, fast ein Jahr nach Haydns Tod, wurde sie schließlich doch aufgeführt.

Ein wenig matt und vorsichtig gingen Dirigent und Orchester zunächst an die musikalische Verneigung vor dem Genie Haydn. Aber rasch einten sich Orchester und Solisten (Sopranistin Julia Kleiter und die Tenöre Herbert Lippert und Jörg Schneider) zum Hymnus. Der zweite Teil des Konzertes galt dann Haydn und seiner letzten Messvertonung, der Harmoniemesse in B-Dur. Einige Intonationsanstrengungen Herbert Lipperts verschwanden im homogenen Solistenquartett mit Julia Kleiter, Michaela Selinger und Vito Priante, dem das Publikum ebenso begeistert zustimmte wie Orchester und Wiener Sängerknaben. (Petra Haiderer, DER STANDARD/Printausgabe, 26.11.2007)