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Thomas Keppert neben Strafgesetzbüchern.

Foto: APA/Gindl
Wien - Ab Mittwoch wird Wirtschaftsprüfer Thomas Keppert im Bawag-Prozess seine Gutachten präsentieren. Als Sachverständiger erörtert er die Frage der Bilanzfälschung (§ 255 Aktiengesetz; bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe für die unrichtige Wiedergabe der Verhältnisse einer Gesellschaft). Über 2000 bis 2002 brütete er bis zuletzt, die Expertise für die "vom Gesamtvorstand zu verantwortenden" Jahresabschlüsse 1998 und 1999 ist fertig.

Geht es nach ihm, so schaut es für die Angeklagten (Ex-Bawag-Vorstand und Ex-KPMG-Partner, Wirtschaftsprüfer Robert Reiter; es gilt die Unschuldsvermutung) nicht gut aus: Wie berichtet hätten die Banker für die Kredite an Investor Wolfgang Flöttl 1998 Wertberichtigungen von 558 Mio. Euro und 1999 von fast 1,2 Mrd. Euro vornehmen müssen - und zwar mit ihrem damaligen Wissensstand. Kepperts Ausgangspunkt: "Wertzuberichtigen ist grundsätzlich der ungesicherte Betrag des Engagements."

Schon am 16. Oktober 1998 seien alle Flöttl-Kredite (639 Mio. Dollar) "zur Gänze uneinbringlich" gewesen, seine Gesellschaften "hatten zwischen 1. und 16. Oktober einen Netto-Handelsverlust von 758 Mio. Dollar erlitten". Zwar wurden Flöttls Immobilien, Gemälde und Gesellschaftsanteile an die Bawag übertragen - die Bewertung sei aber nur durch die Bank erfolgt, die nie Gutachten einholte, was "ein pflichtgemäß handelnder Vorstand" tun hätte müssen, so Keppert.

"Keine Prüfungshandlung"

Ende 1998 stand Flöttl bei der Bawag mit 1,22 Mrd. Dollar in der Kreide, wertberichtigt wurde nicht: Die Besicherung durch sein Vermögen schien den Bankern genug, auch "nach Auffassung der KPMG habe es keinen Wertberichtigungsbedarf gegeben". Allerdings sei für die Frage der Werthaltigkeit bei der KPMG "1998 und 1999 nicht eine einzige Prüfungshandlung dokumentiert". Laut Keppert waren nur 480 Mio. abgesichert, Flöttls Gesellschaften etwa hatten gar "keinen Sicherungswert". Fazit: 1998 habe die Bawag "Wertberichtigungsbedarf von 558 Mio. Euro nicht Rechnung getragen".

Ähnlich Drastisches konstatiert er für 1999. Damals wurde das Kreditengagement "in Yen konvertiert", weitere Bilder verklopft, wobei man (im Vergleich zur Anschaffung) allein beim Verkauf je eines Van Gogh, Renoir, Picasso und Degas in Summe 14 Mio. Dollar verlor. Ende 1999 hatte die Bawag Flöttl 1,48 Mrd. Euro gepumpt - vom Anstieg (um 442 Mio. Dollar) waren allein 300 Mio. Dollar "auf Kursverluste infolge der Konvertierung in Yen zurückzuführen". Vom Hapenny-Bond (250 Mio. Dollar Kredit) waren nur noch 21 Mio. Dollar da, Felixton (83 Mio. Dollar Kredit) "war bereits völlig wertlos".

Kepperts Fazit: Nach Abzug der Sicherheiten von rund 280 Mio. Euro hätte die Bawag 1999 fast 1,2 Mrd. Euro wertberichtigen müssen, alles andere widerspreche den "Grundsätzen ordnungsgemäßer Bilanzierung". (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.11.2007)