"Der ästhetische Anblick des Bergs ist verloren. Das ist ein Schutthaufen." Salzburgs Landesgeologe Gerald Valentin zeigt Foto um Foto, der Befund für Österreichs höchsten Gipfel ist eindeutig: Wo auf Gemälden im 19. Jahrhundert selbst im Sommer noch Massen von Schnee lagen, türmt sich nur mehr unansehnliches Geröll.

Franz Maier, Geschäftsführer des Umweltdachverbands, nennt die Zahlen: Auf dem Sonnblickgipfel wurde 1991 bis 2000 ein um zwei Grad höheres Jännermittel gemessen als zwischen 1961 und 1990. In den Westalpen liegt die Nullgradgrenze schon jetzt um 150 Meter höher als im Durchschnitt des 20. Jahrhunderts. In den Alpen steigt die Temperatur wegen immer mehr Hochdruckwetter dreimal so schnell wie im Durchschnitt.

Die Folge: Die Gletscher schmelzen. Gletscherspalten werden häufiger, tiefer und breiter, gefährliches Toteis bildet sich. Gebirgstouren werden dadurch unberechenbarer: "Es gibt kaum noch Karten, die den aktuellen Gletscherstand wiedergeben. Man kommt hin zu einer Kletterroute und der erste Haken ist auf einmal zwanzig Meter weiter oben, weil unten das Eis geschmolzen ist", sagt Valentin.

Massive Vermurungen

Für die Infrastruktur des Bergsteigens sind vor allem Muren ein Problem: Christian Schmuck ist für die Kürsingerhütte nahe dem Großvenediger verantwortlich. 1987 und 2001 haben Muren den gesamten Zugang im Tal verwüstet, sagt er: "Da sind Bäche heruntergekommen, die hat's vorher noch gar nicht gegeben."

Teuer wird es auch, wenn sich in Regionen über 2300 Meter der Permafrost im Gestein aufweicht. "Auch das ist eine Folge des Klimawandels: Der Berg zerbröselt", sagt Maier. Hütten oder Liftstationen müssen aufwendig gesichert werden. Um 600.000 Euro etwa wurde der Gipfel des Sonnblicks mit Stahlankern und Beton abgestützt.

Die Erhaltungskosten steigen, die Nächtigungszahlen auf den Hütten sinken: "Die Schmerzgrenze ist schon längst erreicht", sagt Hüttenwart Schmuck. Auf seiner Hütte gebe es statt 8000 nur mehr etwa 3000 Nächtigungen pro Saison. Für die Alpinvereine ist die Sicherung von Hütten und Wegen ohne Gelder von Bund und Land längst nicht mehr leistbar. Noch, sagt Landesgeologe Valentin, gebe es von der Politik klare Signale, die Infrastruktur erhalten zu wollen. Doch die Zukunft ist ungewiss.

Über eines waren sich die Teilnehmer an der Podiumsdiskussion beim 14. Salzburger Bergfilmfestival (läuft bis 30. 11.) am Freitag einig: Verglichen mit Flutkatastrophen in der Dritten Welt seien die Sorgen der Alpinisten "eine Luxusproblematik". Und letztlich trügen auch sie selbst zum Klimawandel bei, mahnt Meteorologe Michael Staudinger: "Wir Bergsteiger sind mit dem Auto unterwegs, fliegen in den Himalaya - wir leben in einer widersprüchlichen Welt." (Markus Peherstorfer/DER STANDARD; Printausgabe, 26.11.2007)