Washington - Einem Team von US-Forschern um Todd Kuiken vom Rehabilitations-Institut Chicago ist es gelungen, die verbliebenen Nerven zweier armamputierter Patienten so umzuleiten, dass Empfindungen der verlorenen Hand mit der Brusthaut zu spüren sind. Die Forscher, die mit ihrer Arbeit bessere Prothesen entwicklen wollen und auch Teil jenes Teams sind, das eine gedankengesteuerte Armprothese entwickelt hat, berichten über ihren Fortschritt in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften ("PNAS").

Erneuerung von Nervenfasern

Bislang übliche mechanische Hände können zwar greifen, ihre Nutzer erhalten aber nur wenig Rückmeldung darüber, wie stark ihre Kunsthand zupackt. Kuiken und seine Kollegen dirigierten die durchtrennten Nerven in eine etwa handgroße Hautregion oberhalb der Brust eines 54-Jährigen und einer 24-Jährigen um, wo Hand- und Hautnerven miteinander verbunden wurden.

In der Folge spüren die Patienten Kontakte in dieser Hautregion so, als ob sie an der amputierten Hand berührt worden wären, heißt es in "PNAS". Die beiden Probanden reagierten auf Berührung, Temperatur und Schmerz. Das beweise, dass Nervenfasern sich erneuern können, schreiben die Forscher.

Sie haben in langen Tests winzige Bereiche der Haut gereizt und damit eine Art Karte aufgenommen. Einzelne Punkte darauf lassen sich einzelnen Fingern zuordnen, andere Punkte vermitteln das Gefühl, dass die ganze Seite der nicht mehr vorhandenen Hand berührt wird.

Protheseninnovationen

Die neue Empfindlichkeit für die nicht mehr vorhandenen Gliedmaßen öffnen womöglich die Tür zu neuen Prothesen, schreiben Kuiken und seinen Kollegen. Sie hoffen, dass Amputierte eines Tages mit einer künstlichen Hand genauso fühlen können wie mit ihrer eigenen. Dazu könnten Sensoren in die Handprothese eingesetzt werden, die Berührungen und Wärme messen. Gleichzeitig könnte ein Befehl an die Brusthaut gesendet werden, die die Signale weitergibt, die den Empfindungen einer Hand entsprechen.

Ja des Ethik-Komitees

Die Gruppe wies auch darauf hin, dass die beiden Patienten unterschiedliche Gefühle hatten, die Operationen also von Mal zu Mal verschiedene Resultate hatten. Auch sei nicht klar, ob und wenn ja wie sich die Empfindungen mit der Zeit änderten. Ankündigungen über einen Beginn klinischer Untersuchungen machen die Forscher nicht. Ein Ethik-Komitee des Instituts hatte den Eingriffen zugestimmt.

Prototyp einer gedankengesteuerten Prothese

Die Versorgung des steirischen Patienten Christian Kandlbauer als erstem Europäer mit dem Prototyp einer gedankengesteuerten Prothese des Entwicklungsteams war erst vor rund zwei Wochen in Wien vorgestellt worden. Die Wiener Plastischen Chirurgen hatten bei der Durchführung der Umleitung von Nerven bei dem Patienten mit Kuiken zusammengearbeitet. Für dieses Projekt sind noch rund drei Jahre Entwicklungsarbeit vorgesehen. Erst später sollen möglicherweise auch taktile Nervensignale verwendet werden. (APA/dpa)