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Aufräumen nach den Krawallen: Anwohner in Sucre.

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La Paz/Caracas – Erst geschah monatelang überhaupt nichts, dann ging es plötzlich ganz schnell: In der Nacht zum Sonntag stimmte die Regierungspartei des bolivianischen Präsidenten Evo Morales im Schnellverfahren über die neue Verfassung des Landes ab – verschanzt in einer Militärkaserne in Sucre und ohne die Opposition, deren Abgeordnete wegen der seit Tagen bürgerkriegsähnlichen Zustände in Sucre der Sitzung ferngeblieben waren.

Bei den Straßenschlachten zwischen Polizei und Demonstranten kamen drei Menschen ums Leben, 130 wurden verletzt. Die Opposition lehnte die neue Verfassung umgehend als illegal ab. Sie sei nicht viel mehr wert als benutztes Klopapier, sagte der rechtskonservative Oppositionsführer Jorge Quiroga. Der sozialistische Präsident Evo Morales warf der Opposition dagegen in einer TV-Ansprache vor, hinter den Protesten zu stecken und die Bevölkerung zu manipulieren.

Sucre und La Paz

Jüngster Streitpunkt der verfassungsgebenden Versammlung war die Frage, ob die Regierungsorgane in die Stadt Sucre umziehen sollen. Sucre war bis 1899 Boliviens Hauptstadt, teilt diesen Titel seitdem aber mit La Paz. Die Opposition will einen Umzug verhindern und wirft Morales vor, unter dem Einfluss des linkspopulistischen Präsidenten Hugo Chávez zu stehen. Er habe von Chávez den Artikel über die unbegrenzte Wiederwahlmöglichkeit des Staatschefs kopiert und habe ähnlich autoritäre Absichten wie der Venezolaner, wird Morales vorgeworfen.

Die Verfassung muss nun Artikel für Artikel von der Verfassungsgebenden Versammlung verabschiedet werden. Ihr Inhalt ist wegen des überstürzten Prozedere bisher unbekannt. Morales sagte, sie garantiere die Autonomie der indigenen Völker, schreibe die Versorgung der Bevölkerung mit Energie, Wasser als Grundrecht fest und garantiere das nationale Eigentum an den Bodenschätzen. (Sandra Weiss, DER STANDARD, Printausgabe 27.11.2007)