Präsidenten auf der Freundschaftsbrücke: Franz Jonas und Josip Broz Tito bei der Eröffnung der Brücke zwischen Gornja Radgona und Radkersburg 1969.

Foto: Standard/Stadtarchiv Radkersburg

Die alte Brücke von Radkersburg wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Foto: Standard/Nachlass Richard Prettner
Radkersburg/Gornja Radgna/Graz – Eine Staatsgrenze soll trennen, was nicht zusammengehört – auch dann, wenn es lange sehr wohl zusammen gehörte oder gar nie gänzlich trennbar ist. Dabei schafft sie sogenannte Grenzgebiete, in denen das Leben meist anders aussieht als im Zentrum eines Landes.

Der Zeithistoriker Eduard Staudinger von der Universität Graz untersucht die Geschichte der heute zwischen Slowenien und Österreich verlaufenden Staatsgrenze, die seit bald 90 Jahren besteht und auf politischer aber auch emotionaler Ebene ihre Spuren hinterließ. Der Fall des pensionierten slowenischen Juristen Viktor Zizek, der auf eigene Faust die Weinstraße sperrte, hat für Staudinger "Symbolkraft", wie er im Gespräch mit dem Standard erklärt. Zu seinem Projekt, für das er noch viel Feldforschung bei der Bevölkerung vor Ort vor sich hat, soll 2008 auch eine Publikation erscheinen.

Bewohner der Peripherie

Denn dort, wo in wenigen Wochen, am 21. Dezember, der Schengen-Raum in Richtung Süden erweitert werden soll, trafen schon verschiedene Staaten aufeinander, während die Familien vor Ort beiderseits immer eines blieben: Bewohner der Peripherie.

Die Geschichte dieser Grenze beginnt im Jahr 1918 mit der Gründung des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS) und der Festlegung der Grenze zu Österreich im Friedensvertrag von St. Germain 1919. "Im Jahr 1918 hat sich sofort die bestehende Kommunikation verändert, auf wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Ebene", erklärt Staudinger, "und plötzlich entstanden Minderheiten diesseits wie jenseits der neuen Grenze."

Die Grenzziehung war ein teils brutaler Einschnitt in bestehende Gemeinden und sogar Familien. Exemplarisch dafür steht die Stadt Radkersburg, die in Radkersburg und Gornja Radgona geteilt wurde, weil die Mur zum Grenzfluss erklärt wurde. Auch geografische Grenzen, die oft in Ermangelung klarer Sprachgrenzen herangezogen werden, sind für den Historiker Staudinger ein interessantes Phänomen.

"Warum sollen ein Fluss oder ein Berg etwas trennen, sie können genauso als gemeinsame Lebensräume verstanden werden." Radkersburg und Gornja Radgona bekamen beide umgehend die Nachteile von Grenzstädten zu spüren. Sie wurden verkehrstechnisch und politisch zu größeren Dörfern. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Grenze für einige Jahre – von 1941 bis 1945 – wieder aufgelöst, gegen Ende des Krieges die Auto- und Eisenbahnbrücke von Radkersburg zerstört und erst 1952 eine Behelfsbrücke eröffnet, die Österreich mit dem neuen Nachbarn Jugoslawien verband. 1969 wurde an ihrer Stelle die "Freundschaftsbrücke" von Bundespräsident Franz Jonas und dem jugoslawischen Staatschef Marschall Josip Broz Tito eröffnet.

Ruhe im Grenzland

Nach 13 Jahren der Nachbarschaft mit Slowenien feierten schließlich beide Städte 2004 auf dieser Brücke gemeinsam die EU-Erweiterung. Wenn in vier Wochen auch die Schengen-Grenze auf der "Freundschaftsbrücke" fällt, erreicht die "Brüchigkeit und Unsichtbarkeit einer alten Grenze" (Staudinger) ihren vorläufigen Höhepunkt. Doch diese Grenze, die "schon lange vor 1918 in den Köpfen Deutschnationaler konstruiert wurde", drängte die Region nachhaltig an den Rand. Daran könne auch der touristisch romantisierte Begriff des "Grenzlandes" als Ort der Ruhe und des Weinbaus so schnell nichts ändern. (Colette M. Schmidt/D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 27.11. 2007)