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Australiens künftiger Premier Kevin Rudd will die Kinder Chinesisch lehren.

Foto: Getty Images
Es gibt viele Politiker, die aus ihrer Herkunft Kapital schlagen. Der künftige australische Premier Kevin Rudd zählt nicht zu ihnen. Dabei hätten Rudds Wahlstrategen schon eine kitschige Geschichte über seinen Aufstieg zimmern können. Vom armen Bauernsohn, der es durch harte Arbeit bis ganz nach oben schafft. Aber dieses Klischee hat Rudd selbst in der Hitze des Wahlkampfes nicht bedient.

Rudd wurde 1957 im kleinen Dorf Nambour, im australischen Bundesstaat Queensland geboren. Sein Vater bewirtschaftete sein gepachtetes Grundstück. Als Rudd elf Jahre war, starb sein Vater bei einem Verkehrsunfall, und der Besitzer des Bauernhofs warf die Familie auf die Straße. Aus Mangel an Geld musste sie einige Zeit im Auto übernachten.

Soziale Gerechtigkeit

Diese Erfahrung ließ in Rudd ein starkes Gefühl für soziale Gerechtigkeit wachsen - und verschaffte ihm einen eisernen Durchhaltewillen. Im Alter von 15 Jahren trat er in die Laborpartei ein, studierte dann an der Nationaluniversität in Canberra Asienwissenschaften. Dort lernte er Mandarin sprechen - fließend und akzentfrei. Rudd gehört damit zu der kleinen Gruppe zweisprachiger Politiker in Australien. 1981 trat er in den Dienst des Außenministeriums, arbeitete in verschiedenen Botschaften, natürlich in Peking, wo auch seine Liebe zu China und seine guten Kontakte zu chinesischen Machthabern entstanden.

Wieder zurück in Australien schaffte er sich rasch einen Namen als effizienter Administrator in der Regierung von Queensland. Der Sprung ins nationale Parlament gelang ihm erst beim zweiten Versuch 1998, dann aber avancierte er sogleich zum Außenminister der oppositionellen Schattenregierung.

"Smart Nation"

Rudds persönliches Interesse an einer möglichst guten Ausbildung ließ in ihm den Wunsch wachsen, Australien zu einer "Smart Nation" zu machen. Während sich Howards Wirtschaftspolitik auf das Verschiffen von Kohle nach China konzentriere, sollen australische Kinder unter einem Premier Rudd Chinesisch lernen, um besser vom bilateralen Handel mit dem mächtigen Nachbarn im Norden profitieren zu können.

Im Wahlkampf punktete der gläubige Christ und dreifache Vater vor allem mit dem Klimaschutz und dem Versprechen, die australischen Truppen aus dem Irak abzuziehen.

Sachlich gegen konservative Angriffe

Doch Rudds größtes Attribut ist sein Stil. Den oftmals aggressiven Angriffen der Konservativen im Wahlkampf begegnete er sachlich und trieb sie damit zur Weißglut. Sie kritisierten seine Verbindungen zu den Gewerkschaften, seinen christlichen Glauben, ja sogar seine Ehefrau, die eine äußerst erfolgreiche und steinreiche Unternehmerin ist. Rudd wies die Vorwürfe zurück und lächelte dabei freundlich. Vielleicht hat er ja auch das in China gelernt. (Urs Wälterlin, DER STANDARD, Printausgabe 27.11.2007)