Erforscht die Klangwelt der Vergangenheit - Martin Haselböck.

Foto: Rosa Frank
Wien - Wer denkt beim Stichwort "Originalinstrumente" nicht zuerst an Barockmusik? Im Falle der Wiener Akademie ist diese primäre Assoziation zwar auch nicht ganz falsch, greift aber dennoch zu kurz. Denn seit seiner Gründung (1985) durch den Organisten und Dirigenten Martin Haselböck hat sich das Ensemble zwar immer wieder auch um Werke von Bach, Händel oder Johann Joseph Fux verdient gemacht.

Das Bestreben, "Musik im Klang ihrer Zeit" - so der Wahlspruch der Formation - lebendig zu machen, geht aber doch weit über jene Zeit, derer sich zahllose Alte-Musik-Ensembles angenommen haben, hinaus. Dem eigenen Selbstverständnis nach, so Haselböck, ist die Akademie nämlich vor allem ein klassisches Orchester mit einem Repertoire, das beim späten Haydn und bei Beethoven einen Schwerpunkt hat, aber tief in die Romantik hineinreicht.

So erarbeitete man etwa Webers Freischütz und hat vor kurzem auch eine Ersteinspielung der 1. Symphonie Anton Bruckners auf Originalinstrumenten vorgelegt. Nicht ohne Stolz vermerkt Haselböck, dass dabei unter anderem zwei Posaunen gespielt werden konnten, die auch bei Aufführungen Bruckners zum Einsatz gekommen waren.

Einige Wege in Richtung mit dem Klang von Originalinstrumenten noch weitestgehend "unerhörter" Musik beschreitet man auch beim Programm für den Musikverein, wo man seit 1991 einen Abo-Zyklus bestreitet und nun Weber, Spohr und Beethoven musiziert - mit dem Geiger Benjamin Schmid, der unter anderem ein Spohr-Violinkonzert erstmals auf Darmsaiten spielen wird und sich damit ebenso experimentierfreudig zeigt wie Pianist Gottfried Wallisch, der sich eigens für die Akademie mit dem Hammerflügel auseinandersetzte.

Als "eine Art Werkstatt, wo die Klangwelt der Vergangenheit auf hohem Niveau wiederhergestellt werden soll" - so beschreibt Haselböck sein Orchester. Wesentliches Ziel sei es dabei unter anderem, "jungen Musikern die Möglichkeit zu geben, mit historischen Instrumenten zu arbeiten". Und in den über zwei Jahrzehnten des Bestehens der Akademie haben zahlreiche Nachwuchsmusiker nicht nur diese Möglichkeit genutzt, sondern tragen diese Erfahrungen auch in ihre Tätigkeitsfelder weiter:

"Ungeheuer viele, die jetzt in anderen Orchestern spielen, sind durch unsere Schule gegangen, darunter auch einige Wiener Philharmoniker." Erfreulich ist in diesem Zusammenhang für den Orchesterchef, dass die stilistische Kluft zwischen Orchestern mit modernen Instrumenten und Originalklangensembles schwindet: "Es gibt heute ja kaum einen Orchestermusiker, der nicht einmal ein historisches Instrument in der Hand gehabt hätte. Und das kann man hören." Einen weiteren Fortschritt hat Haselböck bei den technischen Fertigkeiten beobachtet:

"Das historische Instrumentarium ist nicht nur an sich faszinierend, genauso faszinierend ist, dass die Musiker darauf immer besser geworden sind. Was vor dreißig Jahren noch als unmöglich zu spielen galt, ist heute eine Selbstverständlichkeit." Während die Akademie für die Zukunft einige Großprojekte verfolgt, etwa ein Beethoven-Projekt (einschließlich einer DVD-Serie) sowie Vorhaben zum Haydn-Jahr, gibt es auch einige Anliegen: So ist das Orchester nur minimal subventioniert. "Das verzerrt das Bild etwas, da die subventionierten Orchester von den Veranstaltern weit unter ihrem Wert bezahlt werden."

Zudem: "Es wäre ein Wunsch, in Wien wieder szenisch zu arbeiten." Referenzen - etwa die Zusammenarbeit mit dem Schauspielhaus, den Festwochen oder den Salzburger Pfingstfestspielen und Gastspiele in Spanien und Italien - gibt es bereits ... (Daniel Ender /DER STANDARD, Printausgabe, 27.11.2007)