Wiesbaden - Die Preisexplosion bei Nahrungsmitteln und Mineralölprodukten hat die deutsche Inflationsrate auf den höchsten Stand seit fast 13 Jahren getrieben. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag berichtete, liegt die Inflationsrate nach ersten Berechnungen aus sechs Bundesländern im November bei 3,0 Prozent. "Dies ist die höchste Teuerungsrate seit Februar 1994", erklärten die Statistiker. Im Vergleich zum Vormonat ergebe sich ein Plus von 0,4 Prozent. In Österreich betrug der Anstieg im November 2,8 Prozent.

Teure Nahrungsmittel

Vor allem für Nahrungsmittel müssen die Deutschen tiefer in die Tasche greifen: Gegenüber Oktober 2007 erhöhten sich die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke um 0,7 bis 1,3 Prozent. Richtig teuer wird es bei der Energie: "Für Heizöl lagen die Preise zwischen 10,4 und 12,6 Prozent über dem Vormonat beziehungsweise zwischen 21,5 und 25,9 Prozent über dem Vorjahresmonat."

Auch für Autofahrer wurde es teurer: Die Kraftstoffpreise stiegen den Statistikern zufolge im Vergleich zum Oktober vergangenen Jahres um 5,6 bis 8,7 Prozent.

Saisonbedingt günstiger wurde dagegen das Reisen: Gegenüber dem Vormonat seien die Preise für Pauschalreisen um 6,4 Prozent gesunken, für Ferienwohnungen waren es 7,3 Prozent weniger. Dennoch sind auch diese beiden Posten im Jahresvergleich teurer geworden. Sie liegen um 1,4 beziehungsweise 1,6 Prozent über dem Vorjahresniveau.

In Nordrhein-Westfalen erreichte die Teuerungsrate nach Angaben des Statistischen Landesamtes mit 3,2 Prozent den höchsten Wert seit Oktober 1993. In Baden-Württemberg und Hessen wurde seit 1994 kein derartiger Anstieg der Verbraucherpreise mehr registriert.

Überraschung

Die Dynamik der Entwicklung überraschte sogar Experten. "Wir hatten eine Beschleunigung des Preisanstiegs für November erwartet, aber nicht ganz so stark", meinte Roland Döhrn vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) im Gespräch mit AP.

Ausschlaggebend für den Anstieg der Inflationsrate ist nach Döhrns Worten die Preisentwicklung auf dem Weltmarkt. Das günstige Preisniveau vergangener Jahre bei Mineralöl und Nahrungsmitteln gehöre angesichts der boomenden Nachfrage aus Schwellenländern wie China oder Indien wohl der Vergangenheit an.

Dennoch sieht der Experte keinen Grund zur Panik. In diesem Jahr habe die Mehrwertsteuererhöhung die Inflationsrate angeheizt, im kommenden Jahr falle dieser Effekt weg. Schon dadurch werde die Teuerung um etwa einen Prozentpunkt gedämpft, betonte er.

Wirtschaftsforscher warnen vor Preisschub

Angesichts der stark gestiegenen Inflationsrate warnen die Konjunkturchefs führender Wirtschaftsforschungsinstitute vor einem weiteren Preisschub in der deutschen Wirtschaft. Roland Döhrn vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) sagte der "Bild"-Zeitung (Mittwochsausgabe): "Der Anstieg der Inflationsrate ist bedenklich." 2008 könnte es Zweitrunden-Effekte beispielsweise durch starke Lohnerhöhungen geben. "Das würde die Teuerung wieder anheizen", betonte er.

Der Konjunkturchef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Joachim Scheide, warnte in diesem Zusammenhang davor, dass sich die Bürger an die hohen Inflationsraten gewöhnen und Firmen dieses Verhalten mit weiteren Preiserhöhungen ausnutzen könnten. "Der Anstieg der Inflationsrate ist besorgniserregend und geht möglicherweise noch weiter", sagte Scheide der Zeitung.

Es sei zu befürchten, "dass allgemein eine Inflationsmentalität einsetzt." Zum Beispiel könnten Unternehmen auch künftig versuchen, ihre Preise deutlicher zu erhöhen, weil sich die Verbraucher an die stärker steigenden Preise gewöhnt hätten.(APA/AP/AFP)