Dank einer Entwicklung der Uni Innsbruck soll es nun möglich sein, die Bewegung des Maschinengelenks genauer zu steuern.

Illustration: DER STANDARD/Karin Gsöllpointner
Viele Branchen melden ihren Bedarf an. Doch sie brauchen flexiblere Maschinen, an deren Entwicklung Forscher auch schon arbeiten.

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An der Bar herrscht großer Andrang. Wünsche werden mittels Touchscreen angenommen, der Herr über die Drinks ist ein Industrieroboter. Mit zwei Gelenkarmen greift er die Gläser, füllt sie und platziert sie auf ein Laufband, das sie zu den Gästen fährt. Was wie eine Szene aus einem Sciencefiction-Film anmutet, ist ein Projekt des Technikums Wien, entwickelt für die Technikmesse Automatica 2006 in München. Der Industrieroboter, der in einer Automobilfabrik Bauteile zusammenschweißt, hat längst hochentwickelte Gesellschaft bekommen. Automaten verpacken Waren, stecken Flaschen in Getränkekisten oder sortieren Schokolade in eine Schachtel. „Selbst in der Medizin entstehen neue Arbeitsfelder – als Operationsroboter“, sagt Igor Kovac vom Institut für Fertigungstechnik der TU Graz.

Weltweit wurden der International Federation of Robotics zufolge im vergangenen Jahr 112.200 Industrieroboter verkauft. Das waren zwar elf Prozent weniger als 2005, Umsatzeinbrüche gab es jedoch allein bei klassischen Nutzern wie der Automobil- und Elektro-Industrie. Alle anderen Branchen erhöhten ihre Einkäufe um 25 Prozent.

Flexibler Einsatz

„Industrieroboter sind in den vergangenen Jahren schneller, kräftiger, vor allem aber auch günstiger geworden“, sagt Dennis Fritsch, Gruppenleiter Industrierobotik des Fraunhofer-Instituts IPA in Stuttgart. Die österreichische Industrie nutzt die Automaten aber nur verhalten. Insgesamt standen 2006 etwa 4400 Automaten in österreichischen Werkhallen. Gerade der Mittelstand konnte bislang wenig mit den Maschinen anfangen. Denn der klassische stationäre Gelenkarmroboter wurde für große Serienproduktionen konzipiert, in der verschiedene Maschinen in einer vorgegebenen Arbeitsumgebung festgelegte Bewegungsabläufe umsetzen.

Kleinere Betriebe wollen einen Roboter flexibel einsetzen – und mit ihm Kisten befüllen, aber auch Pakete verpacken lassen. Darum forschen Robotiker an neuen Modellen, die mithilfe von Sensoren und Kameras unbekannte Umgebungen erkennen, vielfältige Arbeitschritte beherrschen und sich ihre Materialien zurechtlegen können. Dazu müssen Roboter aber auch genauer programmiert werden. An der Uni Innsbruck wurde mit Unterstützung des Transfercenters trans-IT und des Zentrums für Uni-Spin-offs CAST ein Algorithmus zur Berechnung der „inversen Konematik serieller Roboter“ entwickelt.

Viele Techniker träumen nicht nur von autonomen, sondern von mobilen Robotern, die je nach Arbeitseinsatz ihren Standort wechseln. Doch dafür brauchen die Automaten nicht nur eine bessere Orientierung, sondern vor allem neue Sicherheitskonzepte. Wer einem Industrieroboter in die Quere kommt, hat leicht das Nachsehen. Schon heute kommt es in Deutschland jedes Jahr zu etwa 500 meldepflichtigen Zusammenstößen zwischen Mensch und Maschine – dabei stehen die Automaten meist hinter Gittern. Um Gefährdungen zu vermeiden, sind Roboter mit Schutzkäfigen umzäunt. Bei neueren Modellen trennen Vorhänge aus Laserstrahlen die Maschine von ihren menschlichen Kollegen. Werden die Lichtstrahlen durchschritten, wird ein Notstopp ausgelöst. „Langfristig planen wir, die Roboter aus diesen Käfigen zu holen“, sagt Dennis Fritsch. Denn in der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine liege die Zukunft industrieller Arbeitsplätze.

„Mensch und Maschine könnten einander ergänzen“, meint auch Gerd Hirzinger, Leiter des Instituts für Robotik und Mechatronik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der Roboter habe die Kraft und die Ausdauer, der Mensch die Fingerfertigkeit und die schnellere Auffassungsgabe. „Mit intelligenten und kostengünstigen Robotern bestünde die Chance, manche Produktion wieder zurück nach Europa zu holen“, glaubt der Experte.

Sanfte Maschinen

Bis es so weit ist, sollen die Maschinen sanfter werden. Ein Team des DLR etwa hat einen Roboter konstruiert, der bei Kontakt butterweich nachgibt. An der Technischen Universität Darmstadt entwickeln Forscher nach dem Vorbild des menschlichen Armes Automaten, die beim Zusammenprall keine Gefahr mehr darstellen. Und das ICT&S Center der Uni Salzburg erforscht, wie der Roboter beschaffen sein sollte, damit die Mitarbeiter ihn auch als Partner akzeptieren und nicht Angst vor ihm haben.

Auch Igor Kovac kennt dieses Problem: „Einmal haben wir ein ganzes Jahr gebraucht, um ein Unternehmen von einer Anwendung zu überzeugen. Umgesetzt wurde das Projekt in drei Monaten“, sagt er. Dennoch glaubt er, dass sich das Blatt wenden wird: „Industrierobotik ist ein Markt mit Zukunft. Deshalb brauchen wir eine verstärkte Ausbildung von Experten.“ Das Technikum Wien hat reagiert: Seit September bietet die FH den Masterstudiengang Mechatronik an. Schwerpunkt: Industrierobotik. (Tanja Krämer/DER STANDARD, Printausgabe, 28.11.2007)