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Der Halbmond und fünf Sterne (für die Provinzen) als Staatssymbole scheinen derzeit hell: Das mittelasiatische Land Turkmenistan hat dank seines Gasreichtums viele Freunde.

Foto: AP/Burhan Ozbilici
Dass sich Abnehmerländer russischen Gases die Zähne an der Expansions- und Preispolitik des weltgrößten Gasproduzenten Gasprom ausbeißen, wurde in den vergangenen Jahren offensichtlich. Dass der sonst vor Selbstbewusstsein strotzende russische Konzern selbst in Turkmenistan kleinlaut wird, zeigte sich dieser Tage eindrücklich.

Gasprom konnte am Dienstag nicht verhindern, dass Turkmenistan mehr Geld für sein Gas verlangt. Statt bisher 100 Dollar für 1000 Kubikmeter sind im ersten Halbjahr 2008 nun 130 Dollar, im zweiten Halbjahr sogar 150 Dollar zu zahlen. Das trifft vor allem die Ukraine, die über Russland einen Mix aus teurem russischen und billigem zentralasiatischen Gas bezieht und damit für ihre energieintensive Wirtschaft einen erträglichen Preis von 130 Dollar halten konnte. 2008 wird sie tiefer in die Tasche greifen müssen und nicht mit 160 Dollar auskommen.

Wie viel Gas in Turkmenistan genau lagert, ist im „Gas-Paradies“ übrigens Staatsgeheimnis. Russland besitzt Langzeitverträge auf 25 Jahre für den Kauf turkmenischen Gases – und seit Anfang 2006 die Kontrolle über dessen Export. Das Gas fließt über Kasachstan und Russland weiter in die Ukraine. Für Gasprom ist es überlebenswichtig, da die Nachfrage steigt, der Konzern selbst aber mit Investitionen in die innerrussische Förderung rückständig ist. 50 Milliarden Kubikmeter kauft Russland in Turkmenistan heuer, was gut 60 Prozent der turkmenischen Gasfördermenge bedeutet. Auch für die nächsten beiden Jahre wurde diese Menge vereinbart, danach soll sie um 50Prozent steigen. Im Vergleich mit Gasprom ist freilich auch Turkmenistans neuer Preis nicht vermessen: Gasprom selbst hat im Vorjahr sein eigenes Gas nach Europa (161,5 Milliarden Kubikmeter) um durchschnittlich 270 Dollar verkauft.

Nabucco-Pipeline

Gasprom-Chef Alexej Miller begründet Turkmenistans Unzufriedenheit damit, dass USA und EU die Turkmenen zuletzt überzeugt hätten, die Gaspreise anzuheben.

Der Hintergrund: Die USA und die EU wollen Turkmenistan überreden, Gas in Umgehung des russischen Transits direkt in den Westen zu liefern – zum Beispiel über die Nabucco-Pipeline, die unter Führung der österreichischen OMV vom Kaspischen Meer nach Wien geplant wird. Ab 2011 sollten so jährlich 31 Mrd. Kubikmeter Gas nach Europa fließen. Allein, es fehlen Lieferverträge mit Turkmenistan und Kasachstan. Turkmenistan selbst, das seine Exporte langfristig diversifizieren will, beabsichtigt den Bau einer Pipeline nach China, ab 2009 sollten jährlich 30 Mrd. Kubikmeter fließen.

Bis 2030 will Turkmenistan die jährliche Fördermenge auf 250 Mrd. Kubikmeter verdreifachen. Russland, extrem scharf gegen Nabucco gestimmt, drängt Turkmenen und Kasachen zum Bau einer Pipeline entlang des Kaspischen Meeres nach Russland. (Eduard Steiner, Moskau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.11.2007)