Wien - Radikale Abtreibungsgegner, die vor Ambulatorien für Schwangerenhilfe in ganz Österreich Frauen ansprechen und bedrängen, ihr Gewissen zu erforschen, finden sich plötzlich selbst in der Rolle der Bedrängten: Darüber beschweren sich zumindest jene Human-Life-International-(HLI)-Aktivisten, die seit mehreren Jahren das Gynmed-Ambulatorium in der Wiener Mariahilfer Straße belagern.

Auf einem Videofilm, der am Dienstag auf der in Moldawien - und somit außerhalb der EU mit ihren Persönlichkeitssschutzregeln - betriebenen Homepage von Gloria TV im Internet verbreitet wurde, ist laut Tonspur-Sprecherin dokumentiert, wie "Lebensschützer von bezahlten Angriffstrupps sexuell missbraucht, mit brutalem Psychoterror traktiert und gedemütigt" werden. Der aus vielen zusammengeschnittenen Einzelszenen bestehende Streifen zeigt zum Beispiel einen Mann in orangefarbenem T-Shirt und Jeans, der einen anderen Mann in blauem Hemd und Hosen - offenbar einen Abtreibungsgegner - an eine Hauswand drängt und ihn dabei an der Krawatte gepackt hält.

Laun für Anzeige

Mit dem Unterkörper vollzieht der Orangefarbene dabei rhythmische Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen. Eine weitere Szene zeigt eine blonde Frau - wohl eine HLI-Aktivistin - die von einem Orangegekleideten bedrängt wird. Er hält ihr einen länglichen Gegenstand in Schritthöhe an die Hose. "Er imitiert eine Vergewaltigung und stöhnt dabei laut", heißt es dazu auf der Videotonspur: Für den Salzburger Weihbischof Andreas Laun eine "derart heftige Szene, dass ich eine rechtliche Überprüfung anrege" - wie er im Gespräch mit dem Standard sagt.

Radikal anders interpretiert Gynmed-Betreiber Christian Fiala die gezeigten Vorkommnisse: Das Video sei "offensichtlich manipuliert" und stelle "einen verzweifelten Versuch religiöser Fanatiker dar, die Tatsachen auf den Kopf zu stellen". Wahr sei vielmehr, "dass die HLI-Aktivisten ungehindert Frauen belästigen können, die sich einer legalen medizinischen Behandlung unterziehen". Aus Gründen der Gegenwehr habe er daher immer wieder "Schauspieler engagiert, um die Abtreibungsgegner von ihrem Tun abzuhalten."

Schutzzonen "nicht vorgesehen"

Dieses Tun werden diese auch im Jahr 2008 fortsetzen können, wie sich am Dienstag im Gespräch mit SP-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek herausstellte. Nach langen Verhandlungen mit dem Koalitionspartner ÖVP sei die Einführung von Schutzzonen laut Entwurf zum neuen Sicherheitspolizeigesetz "nicht vorgesehen", sagte sie zum Standard. (Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe, 28.11.2007)