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Der Präsident als Spitzenkandidat: Wladimir Putin, salopp gekleidet und gut gelaunt, auf einer Wahlveranstaltung der Partei "Einiges Russland" in St. Petersburg.

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Der Präsident als Spitzenkandidat: Wladimir Putin, salopp gekleidet und gut gelaunt, auf einer Wahlveranstaltung der Partei "Einiges Russland" in St. Petersburg. Foto: AP/Ponomarjew Wer in Russland Loyalität zu Präsident Putin zeigen und wirtschaftlich im Rennen bleiben will, zahlt für die Partei "Einiges Russland". Der Opposition fehlt die finanzielle Basis.

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Kann die Vorbereitung auf die russischen Parlamentswahlen am Sonntag aufgrund der Dominanz der Kreml-gestützten Einheitspartei inhaltlich nur schwer als Wahlkampf durchgehen, ändert dies nichts daran, dass dieser große Gelder verschlingt. Angesichts des Wirtschaftsboom sollte gerade die Partei "Einiges Russland", die mit Präsident Wladimir Putin als Zugpferd vermutlich zwei Drittel der Stimmen erlangen wird, kein Finanzproblem haben.

In der Tat suchen russische Unternehmen die Nähe zu den politischen Schaltstellen. Dies umso mehr, als die wirtschaftliche Dividende für Loyalität im "bürokratischen Kapitalismus" hoch ausfällt.

Nachhelfen

Dass Putins Partei der Freiwilligkeit nachhilft, wurde dieser Tage bekannt. So soll die regionale Parteileitung im kohlereichen sibirischen Gebiet Kemerowo Briefe versandt haben, in denen Großunternehmer zu größeren Parteispenden aufgefordert werden. Wer sich weigere, habe mit Beschwerden an den Gouverneur und den Kreml zu rechnen. So wurde etwa die Telefongesellschaft MTS um eine Million Rubel (knapp 30.000 Euro) "gebeten", das größte russische Kohlewerk SUEK um 1,3 Mio. Rubel. SUEK weigerte sich mit Verweis auf ausländische Firmenanteile, was als "Absage an eine Unterstützung des Präsidenten Putin und seines Kurses" gewertet wurde.

Der Einsatz der administrativen "Ressource" findet auf allen Ebenen statt. Studenten im Moskauer Umland beschwerten sich, zur Teilnahme an Meetings der Kreml-Jugend gezwungen zu werden. Und allein dadurch, dass Putin als Präsident offen für die Partei wirbt und die Wahlen zu einem Referendum über sich selbst umfunktioniert, verletzt er die Gesetze.

"Verschleierte Einkommensquellen"

Dies tue auch die Partei mit ihrer Finanzierung, gibt selbst die Zentrale Wahlkommission zu. Von "verschleierten Einkommensquellen" ist laut der Zeitung Kommersant die Rede. Vor allem über anonyme Stiftungen fließt mehr als die Hälfte des Geldes (etwa 20 Millionen Euro) in die Partei, Mitgliedsbeiträge machen nur einen Bruchteil aus. Das sind die offiziellen Angaben, inoffiziell dürfte es um weitaus höhere Summen gehen.

Schließlich suchen auch Oligarchen einen Platz in der Abgeordnetenriege. Die Unvereinbarkeit von Geschäft und Politik wird formal problemlos gelöst. Eingeweihten zufolge zahlten Oligarchen zuletzt über drei Millionen Dollar für einen guten Listenplatz. Mit Plätzen geschachert wird aber auch in anderen Parteien wie bei den pseudo-oppositionell "Liberaldemokraten" Wladimir Schirinowskis oder den Kommunisten.

Warnendes Beispiel

Für die Unterstützung einer wirklichen Opposition gibt sich heute kein Unternehmer her. Zu tief sitzt die Erinnerung an den Fall des einstigen Ölbarons Michail Chodorkowski. Er bezahlte seine politischen Ambitionen mit dem Verlust seines Konzerns Yukos und einer jahrelangen Haftstrafe.

"Die Finanzierung der Opposition in Russland ist zu gefährlich", schreibt die Zeitung Wedomosti. Und je mehr der Staat wieder Einfluss in der Wirtschaft nehme, umso mehr würden auch die Privatunternehmer wieder von Staatsaufträgen abhängig, die finanzielle Basis der Opposition schwinde: "Für die politische Unabhängigkeit in Russland fehlt die wirtschaftliche Basis." Denn: Da die Opposition auf absehbare Zeit nicht an die Macht komme, hätten die Unternehmer mittel- und langfristig auch keine Dividende von einer Finanzierung der Opposition zu erwarten. Es sei ökonomisch effizienter, in Putins Nachfolger zu investieren. (Eduard Steiner aus Moskau, DER STANDARD, Printausgabe 28.11.2007)