Den Haag/Sarajevo/Belgrad - Ein niederländisches Gericht hat
die Immunität der Vereinten Nationen infrage gestellt und einem
Prozess gegen die Weltorganisation zugestimmt, meldeten bosnische
Medien heute Dienstag. Die Klage wurde im Juni von einer Vereinigung
der Hinterbliebenen von Opfern des Massakers von Srebrenica
eingereicht. Sie werfen der Weltorganisation vor, im Sommer 1995
nicht das von bosnisch-serbischen Truppen in der muslimischen Enklave
angerichtete Massaker verhindert zu haben.
Die Klage bezieht sich auch auf die Niederlande. Ihre UNO-Soldaten
hatten die Bosniaken-Enklave, die den Status einer UNO-Schutzzone
hatte, nämlich ohne Widerstand den bosnisch-serbischen Truppen
überlassen. Diese ermordeten nach der Eroberung der ostbosnischen
Kleinstadt rund 8.000 muslimische Einwohner.
Präzedenzfall
Die Entscheidung des niederländischen Gerichtes stellt einen
Präzedenzfall dar. Dies werde das erste Mal sein, dass ein Prozess
gegen die Weltorganisation geführt werde, sagte Semir Guzin, einer
der Anwälte von Hinterbliebenen. Die Vereinigung "Mütter von
Srebrenica" wird vor dem Haager Kreisgericht von einem
internationalen Anwälteteam vertreten.
Der Internationale Gerichtshof (IGH) hatte im heurigen Februar in
seiner Entscheidung über die Schadenersatzklage Bosniens gegen
Serbien das Massaker von Srebrenica als Genozid eingestuft. (APA)