Abgelegen, hinter der Südosttangente, werden Ende 2010 der neue Wiener Jugendgerichtshof und eine Justizanstalt stehen.

Im 3. Wiener Gemeindebezirk werden in drei Jahren Sträflinge in 450 Hafträumen ihre Strafen absitzen. 230 Plätze sind für Jugendliche reserviert, 90 für Frauen und 100 für Gefangene mit psychischen Problemen im Maßnahmenvollzug sowie 30 Begutachtungsplätze für psychologische Fälle. Diese drei Gruppen seien für den "normalen Strafvollzug nicht geeignet", sagte Hermann Germ, Sektionschef für Finanzen im Justizministerium. Am Dienstag schrieb die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) den EU-weiten Architekturwettbewerb für das "Justizzentrum Wien Baumgasse" aus, für den der Bund 77 Millionen Euro in die Hand nehmen will. "Wir wollten eigentlich im Zentrum sein", sagte Germ. Ein zentrumsnaher Standort wäre auch für die Besucher einfacher zu erreichen. Doch letztendlich wählte man das 19.500 Quadratmeter große Grundstück in der Baumgasse 131 von der Immobilienprojektfirma Porr Solutions.

Das neue Gefängnis ist die Wiederbelebung des Jugendgerichtshofes, der 2003 unter dem damaligen Justizminister Dieter Böhmdorfer (FPÖ) abgeschafft wurde. Die ÖVP war, damals wie heute, gegen einen eigenen Jugendgerichtshof, den die Justizministerin Maria Berger (SPÖ) einführen will.

Platzproblem

Die vier anderen Gefängnisse in Wien – Simmering, Mittersteig, Josefstadt und Favoriten – platzen aus allen Nähten. Insgesamt hat das ans Straflandesgericht angeschlossene Gefängnis in der Josefstadt, in dem die Jugendlichen ihre Strafen absitzen, 990 Plätze, aber 1164 Häftlinge. 256 Menschen wurden in Simmering untergebracht. Durch Bergers Haftentlastungspaket, das 2008 in Kraft tritt, soll die Zahl der bedingten Entlassungen steigen und so die Gefängnisse entlastet werden. Denn die Belegung ist österreichweit um zehn Prozent gestiegen. Waren es 2001 noch 6824 Häftlinge, waren es 2006 schon 8639. Zu sagen, "eine Gesellschaft ist umso sicherer, je zahlreicher und voller die Gefängnisse sind", sei ebenso falsch wie die Behauptung, "eine Gesellschaft ist umso reicher, je mehr Geld im Umlauf ist", schrieb Strafvollzugsexperte Wolfgang Gratz vor kurzem im Standard. Doch welche Zukunft haben der Strafvollzug und Häftlinge in Österreich?

Eine Vision hat Gratz in Zusammenhang mit der Senkung der Häftlingszahlen: durch außergerichtlichen Tatausgleich, durch Schadenersatzzahlungen etwa oder durch elektronisch überwachten Hausarrest. In naher Zukunft wünscht er sich, dass die Zahl der Häftlinge auf die Zahl von vor fünf Jahren sinkt, auf 7000.

Ein Modellprojekt der Überwachung durch elektronische Fußfesseln beginnt 2008. Nähere Details dazu will Gratz nicht verraten. Von der Privatisierung der Gefängnisse, wie sie in den Vereinigten Staaten oder Australien erfolgte, hält der Experte nichts: "Freiheitsentzug soll nicht zur Dienstleistung werden." Was bereits heute passiert, ist der Zukauf von privaten Dienstleistungen in Form von Psychologen oder Ärzten. Auch gegen die Abgeschiedenheit im Gefängnis hat Gratz ein Rezept, zum Beispiel: sozialtherapeutische Behandlungskonzepte, die es Gefangenen ermöglichen, sich hinter Gittern weiterzuentwickeln. (Marijana Miljkoviæ, DER STANDARD Printausgabe, 28.11.2007)