Früher gab es in der "Tube" zwei Möglichkeiten: Entweder wurden die Passagiere angebellt ("Mind the gap") von einer Stimme, die allenfalls auf einem Kasernenhof akzeptabel geklungen hätte. Oder der U-Bahn-Führer nuschelte live Unverständliches ins Mikrofon, wodurch die unerwarteten Zwischenhalte im völlig überfüllten Waggon einen Anflug von Mysterium erhielten.
Mittlerweile aber sind die Durchsagen gut verständlich und höchstens noch durch ihre Häufigkeit enervierend. Wer zum zehnten Mal innerhalb von 15 Minuten gesagt bekommt, er solle "alle Habseligkeiten mitnehmen", gerät erst recht in Versuchung, Bonbonpapier und ausgelesene Zeitung im Zug zurückzulassen.
Humor
Emma Clarke kennt solche Irritationen nur zu gut. Außerdem besitzt sie, was alle Engländer stets von sich behaupten, aber keineswegs alle haben: Humor. Also nahm die nahe Manchester lebende Londonerin die Überarbeitung ihrer Website emmaclarke.com zum Anlass, ein paar lustige Ansagen aufzunehmen. Passagiere werden darauf hingewiesen, dass "Lächeln ein Freundschaftssignal ist, kein Zeichen von Schwäche". Touristen aus den USA erhalten die freundliche Ermahnung, dass sie "mit großer Wahrscheinlichkeit zu laut reden". An den "Mann im roten Hemd, der vorgibt, Zeitung zu lesen", ergeht die Aufforderung: "Hören Sie auf, dieser Frau auf die Brust zu glotzen, Sie Perversling".
Aus Lappalie wurde Skandal
So weit, so lustig. Wäre da nicht die Boulevard-Presse, die aus der kleinsten Lappalie einen Skandal zu machen versteht. Clarke finde U-Bahn-Fahren furchtbar und habe besonders die notorisch unpünktliche Northern Line als Herausforderung in Erinnerung, meldete eine Sonntagszeitung. Was jeder stete Benutzer bestätigt, brachte Clarkes Arbeitgeber auf die Palme. Ohne Rücksprache mit der Betroffenen erklärten sie die Sprecherin für "ziemlich dämlich". London Underground bedauere mitteilen zu müssen, dichteten die U-Bahner, "dass neue Aufträge für Frau Clarke mit erheblicher Verspätung eintreffen".