Aus der Kollektion von 6267

Foto: Hersteller
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Entwurf für Malo

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Die Designer Roberto Rimondi und Tommaso Aquilano schneidern für zwei Labels: ihrem eigenen (6267) und für Malo

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Selbst schuld. Wer sich einen so kryptischen Namen zulegt, muss damit rechnen, täglich diese Geschichte erzählen zu müssen. Also, als Roberto Rimondi einst den Sommer in einem Ferienlager am Mittelmeer verbrachte, wurden die Kleider aller Kindern mit Identifikationsnummern versehen. Damit nichts durcheinandergeriet. Seine lautete ... 6267. Ach kommt, Burschen, ihr schummelt doch! "Heute stimmt die Geschichte, morgen erzählen wir vielleicht eine andere", schmunzelt Tommaso Aquilano hintersinnig.

Roberto Rimondi und Tommaso Aquilano sind die Designer hinter dem Zahlen-Label. Oder, je nach Pegelstand der Glückshormone der Autoren ihrer Lobeshymnen, "begnadete Talente", "die großen Hoffnungsträger". Und nun auch noch Suzy Menkes. Zum ersten Mal hat die Grande Dame des Modejournalismus in der International Herald Tribune die Kollektion analysiert. Rimondi und Aquilano überfliegen gemeinsam die - äußerst wohlwollenden - Zeilen und sind baff. "Unglaublich. Damit haben wir nicht gerechnet."

Zukunft für Italiens Mode

Verblüfft registriert auch die Fachwelt, wie sich diese zwei eher unscheinbaren und bodenständigen Männer anschicken, Italiens Mode etwas zu geben, was ihr schon seit geraumer Zeit abgeht: eine Zukunft. Denn der Ist-Zustand kann diese große Textilnation eigentlich nur deprimieren. Gianfranco Ferré ist tot, Valentino Pensionist, Armani (73) ein Greis. Dahinter gedeiht nur noch dünn gestreutes Spitzenpersonal: Prada, Guccis Frida Giannini, Dolce & Gabbana, Consuelo Castiglioni mit Marni. Und gäbe es nicht ein paar ausländische Frischzellen - Raf Simons (Belgien) für Jil Sander oder Tomas Maier (Deutschland) für Bottega Veneta -, Mailands Nimbus als Modehauptstadt wäre ernsthaft in Gefahr.

Eine Erfolgsgeschichte wie die von 6267 kommt da gerade recht. Seit dem Gewinn eines renommierten Nachwuchswettbewerbs im Jahr 2005 will die Euphorie um das Duo kein Ende nehmen. Doch man bleibt gelassen. "Die Presse hat die Macht, dich groß zu schreiben, aber sie kann dich auch ganz schnell wieder absägen. Wir wollen lieber Schritt für Schritt wachsen." Mit beachtlichen Realitätssinn analysiert Roberto Rimondi die Branchenmechanismen. Dabei wäre gerade jetzt ein Moment zum ein bisschen Überschnappen.

Samurai-Einflüsse

Die Show mit der Kollektion Frühjahr/Sommer 2008 geriet zum Triumph. Es ist zweifelsohne ihre bisher beste Arbeit: couturehafte Eleganz, durchwoben mit Samurai-Einflüssen, kunstvolle Volumeneffekte, präzise Details - und vor allem diese Kleider mit den verblüffenden Vorder-Rückteil Kontrasten können selbst einen abgebrühten Chronisten schon einmal zu einem ekstatischen Johlen verführen. Zwei Tage später drängen sich im Mailänder 6267-Showroom, einer Industriebau-Etage, Verkäufer, Einkäufer und Models in reger Geschäftigkeit. Nicht nur die Presse, auch der Handel jubiliert. In Deutschland etwa hängt die Ware bereits in den wichtigsten Läden von "The Corner" in Berlin bis "Eickhoff" in Düsseldorf. In Österreich ziehe das Interesse stark an. Vertreten ist man bereits bei "2006 Februar 01" in Wien und bei "Seeberger" in Dornbirn. Material, Passform, Verarbeitung: Neben dem stilistischen Gespür für eine junge Eleganz ist es die handwerkliche Komponente, die überzeugt. Allein am Stoff leisten die Designer aufwändigste Entwicklungsarbeiten.

Kennengelernt haben sich Roberto Rimondi und Tommaso Aquilano bei einem "großen Bekleidungsunternehmen". Der Name, den die beiden ungern erwähnen, weil sie dieses Kapitel als beendet ansehen, lautet Max Mara. Die Idee zum eigenen Label liegt schon einige Jahre zurück. Aquilano hatte sie. "Du arbeitest für andere und fragst dich irgendwann, warum?" Doch allein wollte er den neuen Weg nicht beschreiten. "Man läuft sonst Gefahr, sich in Monotonie zu verrennen." Nur, Rimondi zögerte lange. "Eigentlich bin ich noch immer nicht so recht überzeugt."

Wenn es klappt, dann klappt es

Wie bitte? Auch Tommaso Aquilano schaut ein wenig irritiert, lacht und sagt: "Dankeschön, meine ganze Mühe war also umsonst." Nein, nein, so war das nicht gemeint. "Natürlich bin ich glücklich. Es ist nur keine Frage der Überzeugung. Ich mache weiter, weil es mir Spaß macht. Wenn es klappt, dann klappt es. Wenn nicht, arbeite ich irgendwo anders." Ihren Firmensitz haben sie in Mantua. Dort leben sie auch. Und: ja, zusammen. Roberto Rimondi gilt im Team als der Mann fürs Detail, Tommaso Aquilano als der für das große Ganze.

Die Schwierigkeit des vierhändigen Schneiderns sieht er so: "Man braucht die Fähigkeit, dem anderen zuzuhören. Die eigene Arbeit infrage zu stellen." Ein kurzer Blick zum Partner, und der sagt: "Ja, ich weiß, ich habe damit gewisse Schwierigkeiten." Trotz oder auch gerade wegen ihrer unterschiedlichen Charaktere sind die beiden Mitdreißiger (das genaue Alter verraten sie nicht) so erfolgreich. Kreativität entsteht auch durch Reibung.

Zweitbeschäftigung

Um ihre Unabhängigkeit zu bewahren, müssen sie woanders Geld verdienen. So würden sie es zwar nie formulieren, aber ihre Zweitbeschäftigung als Designer für Malo füllt das 6267-Betriebskonto. Das ist auch nicht ehrenrührig. Antonio Marras macht das so und entwirft parallel für Kenzo, Alessandro dell'Acqua für La Perla. Roberto Rimondi und Tommaso Aquilano verwandeln das italienische Kaschmirlabel seit einem Jahr sukzessive in ein konturscharfes Modehaus.

Die Malo-Show in New York wird ähnlich enthusiastisch gefeiert wie die eigene in Mailand. In New York lebt auch eine große Förderin der Designer - Anna Wintour, die Chefredakteurin der US-Vogue. Ihr wichtigster Ratschlag? "Uns treu zu bleiben. Ein gutes Produkt zu präsentieren, das im Handel funktioniert." Die Botschaft scheint angekommen. (Axel Botur/Der Standard/rondo/30/11/2007)