Wien - Auf einen kuriosen Fall hat die Rechtsanwaltskammer am Donnerstag aufmerksam gemacht: Ein Richter am Bezirksgericht Lambach (Oberösterreich) weigert sich eine einvernehmliche Scheidungen durchzuführen. Stattdessen habe der Gerichtsvorsteher die Scheidungswilligen mit der Aufforderung nachhause geschickt, es "noch einmal zu probieren", berichtete Vizepräsident Gerhard Horak bei der Präsentation des Wahrnehmungsberichts des Rechtsanwaltskammertages in Wien.

Die unkonventionelle Vorgehensweise des Richters hatte allerdings nicht nur Beschwerden der Betroffenen zur Folge, die - nach dem Abschluss einer entsprechenden Gerichtsstandsvereinbarung auf die umliegenden Gerichte ausweichen mussten. Auch die dortigen Scheidungsrichter beklagten sich nach Angaben der Rechtsanwaltskammer über den zusätzlichen Arbeitsaufwand. Das Oberlandesgericht Linz hat demnach eine Prüfung des Falls zugesagt.

Einfühlungsvermögen

Ebenfalls geprüft werden laut Horak Beschwerden gegen einen Richter am Landesgericht Salzburg, der - so die Rechtsanwaltskammer - "bei der Einvernahme von Opfern jegliches Einfühlungsvermögen vermissen lässt". Beispielsweise forderte er eine Frau, die Opfer einer Körperverletzung geworden war, auf, bei der Einvernahme nicht zu weinen: "Was glauben Sie, wenn ich mir den ganzen Tag so ein Gesumse wie von Ihnen anhöre, dann bin ich am Abend auch traumatisiert und schwer beeinträchtigt."

Als die Frau, die seit der Tat über Schmerzen und Schlaflosigkeit klagte, am Ende der Verhandlung Schmerzensgeld geltend machte, sagte der Richter: "Wissen Sie Frau Zeugin, wenn Sie aufhören Red Bull zu trinken, brauchen Sie in Zukunft auch keine Beruhigungs- und Schlafmittel mehr."

Trotz solcher Fälle ist die Rechtsanwaltskammer gegen die von der Regierung geplanten zusätzlichen Justiz-Kompetenzen für die Volksanwaltschaft. Horak verwies darauf, dass es sich lediglich um Einzelfälle handle, die nicht symptomatisch für die gesamte Justiz seien. Der Präsident des Rechtsanwaltskammertages, Gerhard Benn-Ibler, warnte vor einem "Eingriff in die Rechtssprechung" durch die politisch besetzten Volksanwälte. (APA)