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In Beaver Creek wird geschaufelt was das Zeug hält.

Foto: APA/AP/Bilow
Beaver Creek - Toni Giger sprach ganz leise. "Wir kennen uns in diesem Geschäft so gut, dass uns jede schwere Verletzung nahe geht. Egal, wen es betrifft." Betroffen hat es den Norweger Svindal, der in die Intensivstation des Krankenhauses in Vail, Colorado, mit Knochenbrüchen im Gesicht, einer schweren Schnittverletzung am Gesäß und inneren Verletzungen eingeliefert hatten. Betroffen waren Österreichs Cheftrainer und Skifahrer, die Frage nach den neu gemischten Karten musste aber gestellt und beantwortet werden. Und also gab Cheftrainer Giger folgende Antwort: "Ich spiele wirklich gerne mit Zahlen. Aber bezüglich Gesamtweltcup fange selbst ich frühestens nach einem Drittel der Saison zu rechnen an." Nachsatz: "Der Benni weiß, dass er jedes Rennen so gut fahren muss, wie er nur kann. Egal ob mit oder ohne Svindal."

Der Benni, Benjamin Raich also, ist vom ersten Herausforderer Svindal zum ersten Gesamtsieganwärter aufgestiegen, soviel steht immerhin fest. Den Sturz seines Kollegen sah er sich nicht an, "weil ich mich lieber mit positiven Dingen auflade". Klar sei aber schon: "Er war einer der Top-Konkurrenten. So gesehen wird es leichter, aber deshalb nicht leicht. Da sind viele Andere, die mitmischen." Am Donnerstag nahm Raich in Beaver Creek mit der Superkombination (nach Blattschluss) eine "Mini-WM", vier Rennen in vier Tagen, in Angriff. Als Topallrounder könnte er auf der sogenannten Raubvogel-Piste viele Weltcup-Punkte holen.

Das Mammut-Programm in der Höhenlage von Beaver Creek (Talstation 2469 m) fordert die Athleten bis zur völligen Erschöpfung. Auch Raich äußert sich immerhin halbkritisch. "Das ist fast schon bedenklich. Man muss doch den Athleten Möglichkeiten zu Pausen geben, ohne dass sie auf Rennen verzichten müssen. Dass das Spezialisten anders sehen, ist mir aber klar."

Svindals Sturz im ersten Abfahrtstraining hatte nichts mit Überanstrengung zu tun, er war schlicht die Folge einer Unkonzentriertheit, eines Fahrfehlers. Das Malheur hatte die Gegner insofern überrascht, als Svindal in Topform war, wie zwei Siege bewiesen. Augenzeugen seines lebensgefährlichen Sturzes rätselten, wieso Svindal mit derart viel Rücklage den 50 Meter weit tragenden Eagle-Sprung überhaupt angegangen war. Raich: "Normalerweise macht man mit viel Selbstvertrauen am wenigsten Fehler. Man sieht also, dass immer etwas schiefgehen kann."

Überraschung=null

Übrigens wurden die Herren Skifahrer, nicht nur die österreichischen, sondern alle, davon informiert, dass es in Beaver Creek umfangreiche Dopingtests geben wird. Die Überraschung, die Kontrollore erzielen, wird enden wollend sein. Bei der Mannschaftsführersitzung sorgte nicht allein die Info für Heiterkeit, sondern der Zusatz, dass die Rennfahrer ständig Lichtbildausweise bei sich tragen sollten. Wo doch jeder weiß, dass schon Handschuhe oder Startnummern oft im Hotelzimmer vergessen werden. Der deutsche FIS-Renndirektor Günter Hujara brach gleich einmal eine Lanze für die Skifahrer. "Das sind ja keine Verbrecher, da hat sich noch nie einer versteckt."

Vor einem Jahr war Bode Miller auf dem Weg zum Sieg in der Abfahrt von Beaver Creek. Er ist heute, Freitag, als Titelverteidiger der Mann, den es zu schlagen gilt. (APA, fri, DER STANDARD Printausgabe 30. November 2007)